Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/118

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

unbewußt) seine Rockärmel auf, gleich als bereite er sich zu einer Operation vor, an die er mit großem Vergnügen gehe. Ich sah den kaltblütigen Duellanten vor mir; vielleicht streifte er seine Aermel deswegen zurück, um die Handgelenke ganz frei zu haben, während er langsam auf seinen unglücklichen Gegner zielte und ihn zuletzt niederschoß. Wie verabscheute ich diesen Mann und seine unedle Kampfesart! Ein starker edler Zorn, das ist ein erfrischender Anblick. Aber diese raubthierartige Lust am Quälen, Pfui!

Der Löwe von Kentucky spürte des Habichts Klauen und Schnabel, das sah ich an der Gluth auf seinen Wangen, an seinen hastigen fieberischen Bewegungen, als er sich ein paarmal zu seiner Selbstvertheidigung erhob. Um so mehr bewunderte ich, daß er sich zu keiner Persönlichkeit hinreißen ließ, daß er während eines großen Theils der langsamen Operationen seines Gegners ganz still verblieb, daß er sich stets als Gentleman zeigte gegenüber einem Raubthier, das sich den Instinkten seiner rohen Natur hingab. Aber ich wunderte mich, daß während des langen Streites im Senat selbst sein hochsinniges Gefühl sich gegen diese Art zu kämpfen erhob. Ich sehnte mich darnach. Die scandinavischen Heiden schlugen sich auf ritterlichere Art und Weise. Auch wunderte es mich Abends in einer Gesellschaft, daß ich mit meinen Eindrücken vom Verfahren des Senators Benton durchaus kein Echo fand. „Ich müßte mich sehr täuschen, Miß,“ sagte Senator H. zu einer jungen Dame (einer literarischen Löwin, die gegenwärtig in Washington ist), wenn Sie nicht an der Art, wie Benton mit Clay umsprang, Ihre wahre Herzenslust gehabt hätten?“ „Ja,“ antwortete sie, „es war ein wahres Fest für mich!“ Welch ein Geschmack!

Clay hat übrigens bei seinen politischen Kämpfen im Senat nicht immer dieselbe Maßhaltung und Ueberlegenheit

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/118&oldid=- (Version vom 4.8.2020)