Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/131

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Habe ich Dir schon von einer Taufe durch Eintauchung erzählt, wie ich hier in einer Kirche mit angesehen habe? Ich glaube nicht. Im Süden an den Ufern der rothen Flüsse in Macon und Savannah hatte ich Processionen von Leuten gesehen, die von dem Taufact im Fluß zurückkamen, aber die Handlung selbst hatte ich nicht sehen können. Ich sah sie hier in einer Baptistenkirche. Nach der Kirche wurde die Kanzel weggeschafft, und nun bekam man in dem Chor, vor welchem sie stand, sechs junge Mädchen in grauweißen wollenen Kleidern mit Schärpen umgürtet zu sehen, die neben einander im Chor standen. Ein schwarzgekleideter junger Priester stieg in eine Vertiefung in der Mitte des Chors hinab. Dort war ein Wasserbecken. Von da aus sprach er zu der Versammlung und zu den Mädchen, die getauft werden sollten, von der Bedeutung der Taufe, sowie von seinen eigenen Gefühlen, als er zum ersten Mal mit vollem Bewußtsein von dem Sinn und der Kraft der Handlung in das reinigende Element gesenkt worden. Er lud hierauf die jungen Schwestern ein, zum Bade der Wiedergeburt zu kommen. Sie traten eine um die andere an der Hand eines älteren männlichen Verwandten bis zum Rande des Beckens vor, wo der Priester die Herabsteigende bei der Hand nahm und sie die Treppe hinabführte. Im Becken blieb er einen Augenblick gerade vor ihr stehen und hielt ihre Hände. Wahrscheinlich gab sie da ein Versprechen ab. Aber ich konnte es nicht hören. Hierauf wurde sie, ihren Nacken auf der Hand des Priesters ruhend, rücklings schnell unter das Wasser getaucht. Es war das Werk eines Augenblicks, und so bald sie aufstand, erhob sich ein Lobgesang, dessen erste Worte in meinen Ohren klangen, wie: „Frohlockt, frohlockt!“ Als die Getaufte die Treppe wieder hinangestiegen war, wurde sie hier von Verwandten empfangen, die sie

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/131&oldid=- (Version vom 4.8.2020)