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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

bekannten, ein Asyl zu gewähren, und man nennt unter den ältesten Pflanzern hier auch Schweden und Finnen. Der edle großsinnige Lord Baltimore wollte in der neuen Welt die katholische Kirche auf einer breiteren Grundlage erbauen, als diejenige war, worauf sie in der alten Welt stand. Die Stadt Baltimore wurde der Sitz des erzbischöflichen Stuhls, und hier entstand das Kloster der Heimsuchung als „Mutterstiftung für diejenigen der gleichen Art, die sich auf der Erde der neuen Welt ausbreiten würden.“ Maryland hatte Tabakspflanzungen und Sklaven, es lebte, sagt man, patriarchalisch. Es lebt noch jetzt von Tabak und Sklaven, aber weniger patriarchalisch, wie verschiedene Ereignisse und Geschichten aus der Chronik des Sklavenstaates beweisen, und Baltimore ist noch immer die Heimath des Katholicismus, der Wohnsitz des katholischen Erzbischoffs, sowie des Ordens der Heimsuchung. Etwas von Lord Baltimores liberalem Geist scheint auch hier fortzuleben. Ich besuchte das Kloster während meines Aufenthalts in Baltimore, und Alles was ich da sah, gefiel mir sehr, besonders das ganze Wesen und auftreten der Aebtissin und der jungen Schwestern. Die Nonnen legen ihre Gelübde für ihre ganze Lebenszeit ab, haben aber viel von dem altkatholischen Ceremonienwesen abgethan und nehmen keine unvernünftigen Kasteiungen vor. Sie beschäftigen sich hautptsächlich mit der Erziehung, sowie mit der Pflege armer Waisenkinder. Viele der besten protestantischen Familien in den Vereinigten Staaten schicken ihre Kinder hieher zur Erziehung, weil sie da besser und wohlfeiler unterrichtet werden, als in den meisten Erziehungsanstalten des Landes. Der Katholicismus in den Vereinigten Staaten scheint Alles, was ihn gefürchtet und gehaßt macht, auf der andern Seite des Meeres gelassen und blos seine besten Eigenschaften mitgenommen zu haben, und zu diesen zählt man mit Recht seinen Eifer für gute Thaten. Auch sollen

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/143&oldid=- (Version vom 4.8.2020)