Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/145

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

konnte er nicht mehr weiter gehen. Spät Abends oder in der Nacht taumelte er nach Hause, fiel oft auf der Treppe um, und würde da liegen geblieben und vor Kälte und Elend umgekommen sein, wenn seine Tochter, die kleine Hannah, nicht gewesen wäre. Sie wachte, bis sie ihn nach Hause kommen hörte, und dann gieng sie ihm entgegen und half ihm die Treppe hinauf, wenn er dann umfiel und sie ihn nicht mehr aufzurichten vermochte, so trug sie Kissen und Decken auf die Treppe heraus, bettete die ersteren unter seinen Kopf, breitete die letzteren so gut sie konnte über ihn, und legte sich dann an seiner Seite nieder. Die Frau war in der Verzweiflung seiner ganz überdrüssig geworden und suchte sich und die andern kleinen Kinder mit ihrer Arbeit zu erhalten. Die kleine Hannah (sie war blos zehn Jahre alt) wurde es nicht müde, ihren Vater zu pflegen, und ihm mit ihrer kindlichen Liebe zu folgen. Wenn er Morgens aus seinem Rausch erwachte, pflegte er sogleich das Mädchen fortzuschicken, um Branntwein herbeizuschaffen, und sie that wie er wünschte, da ihre Bitten ihn nicht davon abzubringen vermochten. Sie erweckten in ihm nur ein stärkeres Gefühl seines Elends und das Bedürfniß es zu vergessen; er verfluchte sich, daß er einem solchen Kind ein so unwürdiger Vater sei, und er zwang das Kind, ihm das verderbliche Getränke zu reichen. Und wenn er durch den neuen brennenden Labetrank wieder munter genug geworden war, um aufstehen und gehen zu können, so gieng er aus und in die Kneipe. So war sein Leben lange Zeit eine Reihenfolge von Elend und Selbstverfluchungen, die nur durch neue Räusche unterbrochen wurden.

Das Haus war in tiefe Armuth gerathen und sank mit jedem Tag tiefer. Eines Morgens als Hawkins krank an Seele und Leib nach dem gestrigen Rausch in seinem Bett erwachte, befahl er wie gewöhnlich Hannah fortzugehen und ihm Branntwein zu holen. Aber das

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/145&oldid=- (Version vom 4.8.2020)