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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

und die Gesellschaft, sowie über das Unschöne, scheinbar Grobe in dieser Republik. Aber ich sehnte mich nach den Kräften des Meeres und dachte: „Wir sind Alle gleich vor unserem Herrn und Alle Sünder, Alle arme Sünder!“ Und ich ging hinaus unter die Andern. Und obschon ich noch nicht daran gewöhnt bin, mit den Wogen zu kämpfen, wie ich Andere es thun sehe, so bin ich doch bereits ganz entzückt über diese wilden Bäder und hoffe sehr viel Gutes von ihnen. Sie geben mir einen eigenthümlichen Eindruck von etwas zugleich Großem und Lieblichen. Die Woge kommt wie ein Riese, stark, aber zugleich so mild und mächtig wie eine Gotteskraft, voll von gesundheitspendendem Leben, so daß ich, wenn ich mich von ihr überschäumt fühle, unwillkürlich denken muß, es sei doch nicht schwer, in ihr zu sterben. Aber habe keine Angst, meine liebe Agathe, Du darfst glauben, daß ich mich wohl in Acht nehme, und daß auch noch Andere da sind, die mir ihre Obhut angedeihen lassen; denn auch hier habe ich gute Freunde, obschon ich, um im Frieden leben zu können, einem Theil von ihnen etwas weniger freundlich begegne; und mich in einiger Entfernung von ihnen halte. Diese Art liegt gar nicht in meiner Natur, und es kommt mich mitunter recht schwer an, Leuten, die mir freundlich entgegenkommen, so zurückstoßend zu begegnen; aber ich muß schweigen und ruhen und meiner selbst ein wenig Meister sein.

Mit Professor Hart und seiner Frau befinde ich mich vollkommen wohl; sie sind stille, freundliche, ernste Menschen. Sie lassen mich gewähren ganz wie ich will. Ich habe ein angenehmes Stübchen nahe bei ihrem Wohnzimmer, mit der freien Aussicht auf den Ocean, der sich hier ohne Inseln und Scheren an dem niedrigen, sandigen Strand bricht; ich höre sein Brausen Tag und Nacht durch meine geöffneten Fenster. (Seit mehreren Monaten schlafe ich bei offenem Fenster,

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/159&oldid=- (Version vom 4.8.2020)