Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/291

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

weiter wegwohnte. Ich blieb bei der kleinen Norwegerin über Nacht. Sie war erst 19 Jahre alt, hatte Heimweh nach ihrer Mutter, ihrem Vaterland und seinen Bergen, und gefiel sich in dem fremden Lande und den neuen Verhältnissen, an die sie nicht gewöhnt war, schlecht. Sie war schön, fein und anmuthsvoll; ihr ganzes Aussehen, ihre Kleider, die an der Wand hängende Guitarre, Alles zeugte davon, daß sie in einem Kreis ganz anderer Art, als die Bauern in Blockhäusern in der Wildniß bildeten, gelebt hatte. Das Haus war nicht gut versehen. Es tropfte durch das Dach, und ihr Mann, mit dem sie sich ganz kürzlich erst in Norwegen vermählt und den sie aus Liebe nach der neuen Welt begleitet hatte, war jetzt auf mehrere Tage fort; sie hatte weit und breit in dem neuen Welttheil keinen Freund und Bekannten. Kein Wunder, wenn sie noch nichts Gutes oder Schönes sehen konnte in diesem „unheimlichen Amerika.“ Aber ein so hübsches und gutes Wesen wie sie wird nicht lange allein bleiben unter der warmherzigen Bevölkerung hier zu Land.

Ihr neunjähriger kleiner Bruder war ein schöner Knabe mit prächtigen blauen Augen und frischem Muth (obschon er gegenwärtig an einem der gewöhnlichen langsamen Fieber des Landes litt) und er glaubte, er würde einmal noch Bischof werden wie sein Altvater in Norwegen, Bischof Nordahl Brun. Denn diese beiden Geschwister waren wirklich Enkel des berühmten Dichters und Bischofs Nordahl Brun, welchem Norwegen seine nationalsten Lieder zu verdanken hat. Sie waren auf der gewöhnlichen Straße westlicher Auswanderung, dem Erie-Kanal (von New-York her) gekommen, und sodann mit Dampfbooten über die Binnenseen gefahren. Sie klagten über Unsauberkeit und widrigen Aufenthalt auf den Kanalbooten, und

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/291&oldid=- (Version vom 12.12.2020)