Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/402

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Saint-Louis (Missouri) 8. November. 

Ich sitze jetzt in St. Louis auf dem westlichen Ufer des Missisippi, und ich überlege bei mir, ob ich zu einer Hochzeit fahren soll oder nicht, zu welcher ich eingeladen bin, um eine sehr schöne Braut und die Crême der Gesellschaft in der großen Missisippistadt, der Einwohnerzahl nach der zweiten nach New-Orleans, zu sehen. Der Bräutigam, den ich heute früh nebst der Mutter der Braut sah, ist ein steinreicher Floridanischer Plantagenbesitzer, ein vollendeter Gentleman, ein sehr artiger Mann; die Mutter der Braut ist eine etwas verblühte Schöne; artig aber etwas affektirt, 50 Jahre und darüber, mit bloßem Hals, bloßen Armen, geschminkten Wangen, vielem Parfüm, Fächern und tausenderlei Façons damit, französisch artig. Sie lud mich auf den Abend ein. Ein gefälliger und zuvorkommender Bekannter von Mr. Downing, der mir einen Brief an ihn mitgegeben hat, der Senator Allen, will mich nebst seiner Frau dahin führen. Aber … aber … ich habe den Schnupfen und fühle mich zu alt für solche Feste, bei denen ich überdieß halb zu Tod gefragt werde. Je näher also die Toilettenzeit heranrückt, um so klarer wird es mir, daß ich ruhig auf meinem Stübchen bleiben werde. Schöne Damen und schöne Toiletten sehe ich gerne, aber ich kann sie mir auch beschreiben lassen und ich habe in den östlichen Städten genug beau monde gesehen, um mir die in den westlichen vorstellen zu können.

Ich bin gegenwärtig in einem Hotel, werde aber wohl morgen oder übermorgen ins Haus des Senators Allen, ein Stück außerhalb der Stadt, ziehen.

Ich kam gestern mit meinen Freunden aus Connecticut hier an. Die Fahrt über die Iowa-Prärien in einem halbbedeckten Wagen war höchst angenehm.

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/402&oldid=- (Version vom 21.8.2021)