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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

hier im Westen den Protestanten in der lebendigen Nachfolge Christi, in guten Werken voranzugehen.

Die katholische Kirche der neuen Welt hat ein neues Leben. Sie hat den alten Mantel der Unduldsamkeit und des Fanatismus abgeworfen; sie tritt reich an Barmherzigkeit auf.

Klöster entstehen auf der neuen Erde mit erneutem Geiste. Sie erstehen frei von sinnlosem Treiben, thätig in Liebeswerken.

Diese Klöster hier haben große helle Säle, keine düsteren Zellen, überhaupt nichts Düsteres oder Geheimnißvolles.

Alles ist darauf berechnet dem Licht und dem Leben freien Spielraum zu geben. Und wie schön waren nicht diese Klosterschwestern in ihrer edlen würdevollen Tracht, in dem stillen frischen Wesen, das ihre Wirksamkeit kennzeichnet! Sie erschienen mir schöner, frischer, glücklicher, als die meisten weltlichen Frauen, die ich hier gesehen habe. Ich muß auch sagen, daß ihre Nonnentracht, besonders die Kopfbedeckung, in all ihrer Einfachheit, überaus geschmackvoll und kleidsam war. Und ich erfreute mich daran. Ich weiß nicht, warum die Schönheit und die Frömmigkeit nicht neben einander sollten gedeihen können. Die schrecklichen Hüte oder Schirmhauben, wie die barmherzigen Schwestern in Savannah sie tragen, würden mich als Kranke aus ihrem Spital verscheuchen. Aber schon der Anblick dieser Schwestern hier mußte auf eine kranke Person entschieden gut wirken.

In einer der prophetischen Zukunftsvisionen, mit welchen unser Geijer seine irdische Laufbahn beschloß, sagte er einmal auf einem Besuche bei mir:

„Die Klöster müssen von Neuem aufkommen, nicht in der alten Form, sondern als freie Vereine von Männern oder Weibern zur Ausführung von Liebeswerken.“

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/408&oldid=- (Version vom 20.8.2021)