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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Sein hochmüthiger Eigensinn und Stolz hatte sich in düstere Melancholie verwandelt und seine Gesundheit begann im Kampf mit Widerwärtigkeiten aller Art zu leiden. Ein bösartiges Fieber verzehrte ihn, zumal da ihm die erforderliche Pflege gänzlich abging. Sein kleines Heer war jetzt auf 300 Mann zusammengeschmolzen.

Als er das Herannahen des Todes verspürte, berief er die Ueberreste seiner getreuen Begleiter, die ihm bis zum letzten Augenblick gehorchten, um sich und ernannte seinen Nachfolger.

„Tags darauf starb er. Seine Soldaten verkündeten sein Lob, indem sie seinen Verlust betrauerten. Die Priester sangen über ihm das erste Requiem, das an den Wassern des Missisippi gehört wurde. Um seinen Tod zu verbergen, legte man seine Leiche in einen Mantel, und in der Tiefe der Nacht trugen sie ihn hinaus auf den Missisippi und senkten ihn schweigend in die Mitte des Stromes hinab.“

Es war jetzt wieder Mai, und der Frühling brach herrlich auf über den Missisippi, aber Soto brach nicht mehr auf, um sich daran zu erfreuen.

„Der Entdecker des Missisippi,“ fügt sein Biograph hinzu, „schlief unter den Wassern desselben. Vier Jahre war er gewandert, er hatte einen großen Theil des Continents durchzogen, um Gold zu suchen. Und er hatte nichts so Merkwürdiges gefunden, wie die Stelle für sein Grab.“

Pater Marquette, der am Fuß des Altares ohne Krankheit und Kummer nach einem Leben voll friedlicher Eroberungen und ununterbrochenen Glückes entschlummert, und Ferdinand von Soto, der langsam unter Morästen und Widerwärtigkeiten dahin stirbt, das stolze Herz zerfressen von den Dämonen der Bekümmerniß und Demüthigung — welche Gemälde!

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 498. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/516&oldid=- (Version vom 20.8.2021)