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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

und grüne Inseln in dem Fluß. Sein Wasser ist klarer, die Sonne scheint. Die Landschaft an den Ufern ist freundlich und mild. Plantagen, Pomeranzenhaine, weiße Sklavendörfer auf grünen Feldern, Großartige Aussichten unter sommermildem Himmel. Der Fluß ist voll von Dampfbooten und größeren und kleineren Fahrzeugen aller Art. Wir nähern uns der fröhlichen Stadt New-Orleans.

Heute wollte ich mit unserer Proviantmeisterin (stewardess), einem hübschen gutmüthigen Mulattenmädchen, etwas sprechen. Ich traf sie in ihrer kleinen Cajüte, wo sie häufig ein großes A B C studirte. Ich hatte sie schon vorher einigemal auf dieselbe Art beschäftigt gesehen.

Der Proviantmeister, sagte sie, habe ihr versprochen sie lesen zu lehren, aber im Geheimen. Er könne lesen, er. Sie sehnte sich so sehr lesen zu können. Eines Tags traf ich sie allein in unserm Salon, wo sie vor der aufgeschlagenen Bibel stand, die immer dort auf dem Tische liegt. Ich fragte sie, was sie mache.

„O dieses Buch!“ antwortete sie. „Ich wende seine Blätter um und um, und ich möchte so gerne verstehen können, was darauf steht. Ich versuche es immer wieder; — es würde mich so glücklich machen! Aber ich kann nicht lesen! …“

Wir nähern uns Neu-Orleans „der fröhlichen Stadt“. In ein paar Stunden sind wir dort. Alle Thiere in unsrer Arche Noä lassen ihre Töne vernehmen.



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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 514. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/532&oldid=- (Version vom 20.8.2021)