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über den nackten Leib … Wie durch Schleier erkannte ich drüben am Bache ein Krokodil, das auf der Seite lag und mir den weißen Bauch zukehrte. Das war die Bestie … Ihr Tod war nur ein schwacher Trost für mich.

Ich verlor abermals die Besinnung, schleppte mich nachher in den Schatten der ersten Büsche und machte in Gedanken mein Testament. Das Fieber stieg, ich brüllte vor Schmerzen, – – die Nacht kam, und dieses wahnwitzige Brüllen lockte Vincent herbei.

Er lud mich auf seinen Nacken, trug mich meilenweit, zog mich durch den Hyänenpfad bis zu seiner Laube und nahm eine Radikalkur mit mir vor.

Wie – das gehört nicht hierher, – jedenfalls konnte er eiternde Wunden tadellos aufschneiden und wußte Arzneipflanzen richtig anzuwenden, auch bei einem Halbtoten, und das war ich damals.

Am zweiten Tage abends bekam ich bereits Fleischbrühe, am nächsten Morgen verlangte ich kräftigere Kost und nannte Vincent du und Freund.

Er war rührend als Arzt und Pfleger. Ich begriff nicht, daß eine Frau mit einem so herzensguten Menschen hatte in Unfrieden leben können. Ich wußte ja, seine Ehe war geschieden worden. Einzelheiten hierüber erwähnte er nie.

Meine Bärennatur spottete selbst der Krokodilzähne.

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Die Herrin der Unterwelt. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Herrin_der_Unterwelt.pdf/56&oldid=- (Version vom 31.7.2018)