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Walther Kabel: Die Katastrophe von Para-Dschala (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5)

Natur des Sinpangebirges kam unseren fanatischen Feinden sehr gelegen. Da gab es Schleichwege, von denen wir keine Ahnung hatten, weite unterirdische Höhlengange, in denen die meuchlerischen Schützen wie Gespenster verschwanden. Das uns reichlich zugeteilte Militär half wenig. Am Tage hielt es uns die erbitterten Eingeborenen wohl vom Leibe, kam aber die Nacht, so kamen die Schrecken. Wir alle waren in kurzer Zeit in fast lächerlicher Weise nervös geworden. Rieselndes Erdreich, ein rollendes Steinchen trieb uns das Blut aus den Wangen. Gewiß, bisweilen glückte es uns auch, diesen oder jenen der braunen Bande abzufassen. Dann wurde kurzer Prozeß gemacht. Er wurde an dem Gerüst eines der Gesteinsbohrer aufgeknüpft. Tagelang ließen wir die Leichen dort baumeln, um die anderen abzuschrecken. Es half nichts. Jede Nacht dasselbe Spiel. Bald hier, bald da laute, in den Felstälern widerhallende Schüsse. Und zumeist waren wir die Leidtragenden bei der Partie.

Dabei blieb’s jedoch nicht. Wir hatten über die beiden Quellflüßchen des Godawari zwei Brücken gebaut, zur Vorsicht schon in Eisenkonstruktion, da unsere Erfahrungen, die wir bei der Strecke Bombay-Tanna mit Holzbrücken sammeln durften, nicht gerade ermutigend gewesen waren. Eines Tages traf dann an unserer Arbeitstelle die Nachricht ein, daß beide Brücken in einer Nacht in die Luft gesprengt worden waren, nachdem man die dort postierten Wachen, je fünf Mann und einen Unteroffizier, hinterrücks erschossen hatte. Das war ein harter Schlag für uns. Denn nunmehr waren wir für lange Wochen von der Küste so gut wie abgeschnitten und mußten außerdem die Arbeit am Para-Dschala vorläufig einstellen. Erst Anfang Dezember waren die Brücken wieder ausgeflickt, und der Tanz am Heiligen Berge konnte aufs neue beginnen. Die Westseite des Para-Dschala mußte auf eine Ausdehnung von etwa dreihundert Meter niedergelegt werden.

Unsere Widersacher blieben rührig wie vorher. Die ewigen Belästigungen durch pfeifende Kugeln hörten nicht auf. Über ganz Indien lagerte es ja damals schon wie eine drohende Gewitterwolke. Diese Anfeindungen, denen wir Eisenbahner

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Walther Kabel: Die Katastrophe von Para-Dschala (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1914, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Katastrophe_von_Para-Dschala.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)