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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

und kannte dasselbe schon in allen Ecken. Er vertrieb dem Alten die Zeit auf tausenderlei Weise, ging mit ihm spazieren und rasirte ihn so leicht wie ein Zephir, was dem Männchen vor Allem aus gefiel. John merkte, daß Herr Litumlei über irgend etwas nachzusinnen begann und erschrack, wenn jener von seiner Abreise sprach, was er etwa in ernsten Andeutungen that. Da fand er, es sei Zeit, jetzt wieder einen kleinen Meisterschlag zu wagen, und kündigte seinem Gönner am Ende des achten Tages deutlicher seine demnächstige Abreise an, zum Grunde nehmend, daß er sich durch längeres Zaudern den Abschied und die Gewöhnung an ein einfacheres Leben nicht erschweren dürfe. Denn männlich wolle er sein Schicksal ertragen, das Schicksal eines letzten seines Geschlechtes, der da in strenger Arbeit und Zurückgezogenheit die Ehre des Hauses bis zum Erlöschen zu wahren habe.

„Kommen Sie mit mir hinauf, in den Rittersaal!“ erwiderte Herr Adam Litumlei; sie gingen; als dort der Alte einige Mal feierlich auf und abgewandelt, begann er wieder: „Hören Sie meinen Entschluß und meinen Vorschlag, lieber Großneffe! Sie sind der Letzte Ihres Geschlechtes, es ist dies ein ernstes Schicksal! Allein ein nicht minder ernstes

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/113&oldid=- (Version vom 31.7.2018)