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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

zurückblieb. So ist jedes Unwesen noch mit einem goldenen Bändchen an die Menschlichkeit gebunden.

Die Hochzeit wurde so bald als möglich gehalten, glänzend, reichlich und geräuschvoll; denn Kätter wollte diese Action in allen Einzelheiten recht durchgenießen und sich als den holden Mittelpunkt eines großen Festes sehen, und Viggi benutzte die Gelegenheit, indem er eine Menge Menschen einlud, sich mit den gut bewirtheten Mitbürgern wieder auf einen bessern Fuß zu stellen. Die neue Frau Störteler war nicht gesonnen, ein stilles und beschauliches Leben zu führen, sondern veranlaßte ihren Mann, die Lustbarkeit, welche mit der Hochzeit begonnen, fortzusetzen, alle Gesellschaften mit ihr zu besuchen, sein eigenes Haus aufzusperren und im vollen Galopp zu fahren.

Er befand sich übrigens herrlich dabei und lebte zufrieden mit ihr in solchem Trubel; denn überall gab sie ihn für ein Genie aus und machte ihn allerorten zum Gegenstande des Gesprächs, bezog Alles auf ihn und nannte ihn nur Kurt.

„Mein Kurt hat dies gesagt und jenes geäußert,“ sagte sie alle Augenblicke; „wie hast Du Dich doch neulich ausgedrückt, lieber Kurt, es war zu köstlich! Ich muß dich nur bewundern, bester Kurt, daß Du nicht gänzlich abgespannt bist bei Deinen Arbeiten und Studien! Ach! ich fühle recht die schwere Pflicht

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/215&oldid=- (Version vom 31.7.2018)