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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

Hause hinauszutreten und die frische rauhe Kriegesluft zu athmen.

Festen Schrittes gingen sie mit ihrem Banner, obwohl schweigsamer als die Anderen, und stießen mit den übrigen herbeieilenden Schaaren zu dem Gewalthaufen der Eidgenossen, welcher den schon im Streite Stehenden zu Hülfe kam.

Wie ein eiserner Garten stand das lange Viereck geordnet und in seiner Mitte wehten die Fahnen der Länder und Städte. Mann an Mann standen die Tausende, jeder in Zuverlässigkeit und Furchtlosigkeit wieder eine Welt für sich, und Alle zusammen doch nur ein Häuflein Menschenkinder.

Da harrte der Leichtsinnige und der Verschwender neben dem Geizigen und dem Sorgenfreund seiner Stunde; der Zanksüchtige und der Friedliebende hielten mit gleicher Geduld ihre Kraft bereit; wer schweren Herzens war, hielt sich so still, wie der Prahler und der Redselige; der Arme und Verlassene stand ruhig und stolz neben dem Reichen und Gebietenden. Ganze Gassen sonst im Streite liegender Nachbaren standen gedrängt; aber Neid und Mißgunst hielten den Spieß oder die Hellebarde so fest, wie die Großmuth und die Leutseligkeit, und der Ungerechte richtete wie der Gerechte sein Auge auf die nächste Pflicht. Wer mit seinem Leben abgeschlossen

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/360&oldid=- (Version vom 31.7.2018)