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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

dachte darüber nach und stellte auch einige vorsichtige Forschungen an, und als sie von dem Abenteuer mit der Kranzjungfrau hörte und wie er etwa von den Andern damit geneckt wurde, ging ihr ein Licht auf, bei dessen Scheine sie sofort still an die Arbeit ging, um ein Glück zu schaffen, wohl angemessen und gut genäht.

Nachdem sie mehr aus den Mienen als aus den wenigen Aeußerungen Jukundis gemerkt hatte, daß sich dem also verhielte, wie sie meinte, daß er aber als ein bescheidener und die Verhältnisse wohl durchschauender Mensch kaum große Unternehmungslust verspürte, sagte sie vor der Hand nichts mehr. Als aber der Sommer vorgerückt war, verkündigte sie, zum ersten Male in ihrem Leben, daß sie in ihren Jahren doch anfangen müsse, etwas für die Gesundheit zu thun und für einige Wochen einen schönen Kurort zu besuchen Lust habe, wenn Jukundus die Kosten nachher mit ihr gemeinschaftlich durch Sparsamkeit wieder einbringen wolle. Er erklärte sich sofort dazu bereit und sie reiste vergnügt hierüber und in bester Gesundheit ab, mit ihrem schönsten Staate beladen.

Sie gab ihrem Sohne die Weisung, dannzumal, wenn sie ihn benachrichtigen würde, sie heimzuholen, und es aber so einzurichten, daß er auch noch einige Tage an jenem Orte verweilen könne.

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/396&oldid=- (Version vom 1.6.2017)