Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage | |
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wird damit zu Aller Zufriedenheit abgethan sein, dafür kann ich Ihnen bürgen!"
Jetzt war von dem Herzen des jungen Kriegers ein großer Stein gefallen, und um seine Dankbarkeit zu beweisen und zugleich sich für die ausgestandene Sorge zu entschädigen, hatte er in gewaltsamer Weise vieles und gutes Getränke kommen lassen und dem hilfreichen Freund bis zum anbrechenden Morgen festgehalten. Der war auch gern bei ihm sitzen geblieben und hatte gar willig dem frohen Geplauder des jungen Mannes zugehört, der Justines Bruder war. Allein der Wein verzischte unschädlich in der Tiefe seiner warmen Neigung und er ging still mit guten Sinnen zu Bette, während Jener so geräuschvoll sein Lager suchte.
So hatten sich nun für die Stauffacherin, während sie über das Uebel mit der aufgehenden Sonne zu triumphiren glaubte, die Dinge nur schlimmer gestaltet; denn nicht nur war es ihr eigenes Blut, welches so angeheitert dahin gewallt, sondern in demselben auch ein guter Parteigänger für den Feind erstanden.
Justine hatte durch die halbgeöffnete Thüre eine Magd herbeizurufen gewußt und von derselben vernommen, daß in der That ihr Herr Bruder angekommen und die Nacht hindurch in guter Gesellschaft mit dem Herrn Hauptmann geblieben sei. Darauf
Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/408&oldid=- (Version vom 31.7.2018)