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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

werde. Bei seiner Offenheit gewiß, daß seine Beichte nicht lange auf sich warten lassen werde, hatte sie seither bereits gehandelt und ihre Eltern in's Vertrauen gezogen. Schon bei der Einwilligung zu der Heirath war in dem stolzen Sinne der reichen Leute der Fall vorausgesehen und im Geheimen festgesetzt worden, daß die jungen Leute nach Schwanau kommen sollten, wenn es, wie wahrscheinlich wäre, in Seldwyla nicht ginge. So war denn Justine über ihre Entdeckung nicht eben sehr erschrocken, sondern empfand fast eher eine geheime Freude, daß sie den lieben, schönen, guten Mann in ihr Vaterhaus ziehen und dort mit aller Vorsorge einspinnen und in Seide wickeln könne, wie ein zerbrechliches Glasmännchen.

Wie sie ihm diese Pläne nun aber mittheilte und eröffnete, daß man nur eine rasche, stille Abwicklung der Geschäftslage in Seldwyla vorzunehmen und nach Schwanau überzusiedeln brauche, wo Jukundus sich schon werde nützlich machen können, erblaßte er und sagte: Da würde meine Freiheit und mein Selbstbewußtsein dahin sein! Lieber will ich Holz hacken!

„Nun, da kann ich auch dabei sein!" erwiderte Justine, „da helfe ich Dir sägen, und wenn wir alsdann so im Regenwetter auf der Straße sind und beide an der Säge hin und herziehen, zanken wir

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/421&oldid=- (Version vom 28.5.2018)