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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

Hunderte kletterten an ihm hinauf und in das grüne Gehölz der Krone hinein, die im Staube lag. Andere krochen in der Standgrube herum und durchsuchten das Erdreich. Sie fanden aber nichts, als ein kleines Stück gegossenen dicken Glases aus der Römerzeit, das vor Alter wie Perlmutter glänzte, und eine von Rost zerfressene Pfeilspitze.

Auf einer fernen Berghöhe, über welche eben Jukundus mit den Seinigen langsam hinwegfuhr, riefen arbeitende Landleute plötzlich, nach dem Horizont hinweisend: Seht doch, wie die alte Wolfhartsgeeren-Eiche schwankt, weht denn dort ein Sturmwind? Denn sie konnten die Leute nicht sehen, die daran zogen. Jukundus blickte auch hin und sah, wie sie plötzlich nicht mehr dort und nur der leere Himmel an der Stelle war.

Da ging es ihm durch's Herz, wie wenn er allein Schuld wäre und das Gewissen des Landes in sich tragen müßte.

Die Seldwyler aber lebten an jenem Abend eher betrübt als lustig, da der Baum und der Jukundi nicht mehr da waren.

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/426&oldid=- (Version vom 31.7.2018)