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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

handelte es sich um das billige Prunkkleid, das die Weiber der kalifornischen oder australischen Abentheurer einige Jubeltage hindurch schmückte, um nachher weggeworfen zu werden. Je nach der Bestimmung mußte die Kunst der großen Färbereien in Anspruch genommen und der Krieg mit denselben geführt werden um die schönsten und dauerhaftesten Farben für das Kennerauge der ächten Hausfrau oder um den trügerischen Schein für die farbigen Schönheiten im entlegensten Westen.

In dies verwickelte Getriebe war nun Jukundus hineingestellt, um darin schwimmen zu lernen, und und er bestand die Probe nicht gut. Im Anfang, bei den einzelnen einfacheren Handtirungen, ging es ordentlich, weil er aufmerksam und sorgfältig arbeitete. Allein man klagte bald über Langsamkeit, da die Beweglichkeit und der leichte Sinn der ersten Jugend vorüber war, und es hieß, er käme nicht recht von der Stelle. Um ihn nun mit Gewalt schwimmen zu lehren, wurde er köpflings in den Strudel gestürzt, und er trieb sich auch mit gezwungener Lustigkeit oder vielmehr mit einer gewissen Angst hastig in demselben herum, daß ihm Hören und Sehen verging. Arbeiter betrogen ihn um die anvertraute Seide, indem sie das Gewebe zu leicht und locker machten und ihn über die Ursache belogen. Andere wußten ihm Geschäftsgeheimnisse

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/438&oldid=- (Version vom 31.7.2018)