Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage | |
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Jukundi's kalte und bittere Ruhe dauerte aber nicht lange. Während er in seiner Geschäftsstellung sich täglich brauchbarer erwies und bald über die anfänglich angewiesene Stufe hinausgehoben wurde, fast ohne Jemandes Zuthun, so daß der früher so schwer erreichbar erschienene reichere Erwerb und die gegründete Aussicht auf Besitz sich wie von selbst einstellten, trat im öffentlichen Leben eine Bewegung ein, in welche er mehr seiner verbitterten Gemüthsstimmung als eigentlicher Neigung gemäß leidenschaftlich hineingezogen wurde.
In der Republik waren seit der letzten jener politischen Umgestaltungen, durch welche das Volk sich verlorene Rechte erneuert oder vorhandene erweitert, vierzig Jahre verflossen und es war im jüngeren Geschlechts der Wille einer neueren Zeit reif geworden, ohne daß die noch herrschenden Träger der früheren Gestaltung denselben kannten oder anerkennen wollten. Sie hielten die Welt und den Staat, wie sie gerade jetzt bestanden, für fertig und gut und wiesen ihre Mitwirkung zu jeder erheblichen Aenderung mit einem beharrlichen Nein von sich, indem sie sich auf eine ununterbrochene Thätigkeit in der mäligen Ausbildung des Bestehenden, einst so Gepriesenen zurückzogen. Durch diesen Widerstand erwarben sie sich das Aussehen von Stehenbleibenden, ja Feinden des Fortschrittes, und
Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/465&oldid=- (Version vom 31.7.2018)