Seite:Die Maschine des Theodolus Energios 006.png

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die Hüllen. Das Herz klopfte mir, und auch Freund Hintzes Hände zitterten, als die letzte fiel. –

Das also war die Maschine des Theodulos Energeios, aus hundertjähriger Verborgenheit wieder ans Licht gebracht!

Ein fast zierlich zu nennender Apparat, beinahe überall metallisch geschlossen; eine entfernte äußerliche Ähnlichkeit mit einem der heutigen großen Elektrizitätszähler für Wechselstrom erhielt er durch eine Reihe von Zifferblättern an seiner Vorderseite.

Unbeweglich ruhten die Zeiger auf ihren weißen Scheiben – in hundertjähriger Ruhe. –

»Was nun?« fragte ich, nachdem wir von allen Seiten den Apparat betrachtet hatten.

»Nach der Beschreibung ihres Erbauers –« damit brachte mein Freund ein ziemlich umfangreiches Heft zum Vorschein – »befindet sich mitten in der Maschine der Dynaminbehälter –«

»Dabei möchte ich doch fragen,« warf ich ein, »was der Erfinder über die Herkunft dieses geheimnisvollen Stoffes Dynamin verrät –«

»Leider – sind seine Aufzeichnungen gerade über diesen Punkt, der mich schließlich am meisten interessierte, sehr lückenhaft. Er sagt nur, daß er nach jahrelangem Suchen im Kaukasus ein Mineral entdeckt habe, aus dem – ich zitiere wörtlich! – ›sich durch Ätzen und Glühen ein metallisches Pulver abschied, dem an Glanz und Gewicht kein Metall der Erde gleichkam‹. – Von dem Dynaminbehälter aus gehen leitende Verbindungen nach allen Teilen des Apparats –«

»Und die Zifferblätter? Welche Bedeutung mögen sie haben?«

Freund Hintze zeigte auf die linke der vier mit einer Kreisteilung versehenen Scheiben. Ich folgte seinem deutenden Finger und entdeckte unter ihr, in das Metall graviert, ein paar griechische Buchstaben.

»Thermos« buchstabierte ich.

»Und unter der nächsten steht ›Phos‹,« setzte mein Freund hinzu.

»Wärme und Licht also messen die Angaben dieser beiden Zifferblätter,« sagte ich, »aber unter dem dritten und vierten Kreise fehlt eine solche Angabe.«

»Ja –« fuhr Hintze fort, »unter dem dritten und vierten finden sich ein paar eingravierte Zeichnungen, die eine stellt eine Spindel dar, die andere eine – Schlange, die sich in den Schwanz beißt –«

»Was soll die Spindel?« fragte ich verwundert, und der Schluß des Manuskripts fiel mir wieder ein mit den drei Parzen, die den Lebensfaden abspinnen.

»Der alte Theodulos Energeios war ein origineller Kauz und liebte das Seltsame,« antwortete mein Freund. »Die vornehmen griechischen Frauen zu den Zeiten Homers benutzten Spindeln aus Bernstein. An diesen Bernsteinspindeln hafteten beim fleißigen Gebrauche die Fasern des Flachses fest, weil der Bernstein elektrisch wurde –«

»Elektron – Elektrizität!« rief ich rasch aus, und ohne Hintzes Bestätigung

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Carl Grunert: Die Maschine des Theodulos Energeios. Stuttgart: Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 1912, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Maschine_des_Theodolus_Energios_006.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)