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in Besitz und nicht gewußt habe, daß diese Muscheltröge nutzbar seien und ihre Auswerfung und Zerstörung verboten sei. Wenn er nicht alle drei oder vier Jahre den Mühlgraben reinigen und die Perlenhäuser herausnehmen ließe, könne er nicht mehr mahlen. Dabei berief er sich auf seines Vaters Bericht und altes Herkommen, auch daß er den Mühlgraben durch seine Mahlgäste habe reinigen lassen. Er habe auch, wie gesagt, gar nicht gewußt, daß diese Perlenhäuser etwas auf sich haben.“ –

Diese Entschuldigung wollte jedoch dem Amtsschösser Johann Flessa v. Seilbitz nicht genügen; er erstattete vielmehr Bericht an Sr. Churfürstl. Durchlaucht, in welchem er den Vorfall ausführlich darlegte, sich auf die erlassenen und unterschriebenen Patente von 1635 und 1643 bezog, in welchen vor Beschädigung der Schneckentröglein ernstlich und ausdrücklich gewarnt war, und anführte, daß an 1643 verdorbene Muscheln aufgefunden worden seien, die zwar keine reifen wohl aber 11 unreife „Perlein“ enthalten hätten. Der Müller zu Mühlhausen, als er sah, daß der Handel eine so ernste Wendung zu nehmen drohte, suchte auf alle Weise der drohenden Strafe zu entgehen und steckte sich deshalb nicht nur hinter seinen Nachbar, den Herrn von Gößnitz auf „Kugelsburgk“, der sich deshalb mit einer Fürbitte an den Amtsschösser zu Voigtsberg privatim wandte[1] und den Müller zu entschuldigen suchte, –


  1. Das Privatschreiben, welches der von Gößnitz an seinen Herrn Gevatter u. s. w. Herrn Amtsschösser Johann Flessa von Seilbitz abgeben ließ, wollen wir der Curiosität halber und zur Charakteristik der damaligen conventionellen Verhältnisse mittheilen: Es hebt an:

              „Wohledler, Gestrenger und Ehrenvester,
    Insonders verehrter Freund und lieber Herr gevatter!

    Es hat mich Adam Reichenbach, Müller zu Mühlhausen [81] gar wehmüthiglich angesprochen, wie Ihme zu Ohren were gekommen, daß wegen der Schnecken Tröge, so aus Sein Mühlgraben weren geworfen worden, ein Unglück und Ungunst Bevorstehen solte.
    Wie nun Deßwegen Unterschiedliche und vielerlei rationes anzuziehen wären, so wird doch solches alles hintangesetzt, und nur bloß gebetten, Der Herr Gevatter wolle seinen hohen Verstandt nach solche Sach recht erwägen, und auch uff allen Fall die Gültigkeit vor die Weitleufftigkeit ergehen lassen. Denn einmahl ist gewiß, daß dadurch kein Vortheil oder vorsetzlicher Nutz gesucht worden, In Betrachtung do ein Müller ahn seiner Mühlen baut oder ein Neuwehr bauen lest, so bleibt offt der Graben ein Zehen tag wohl länger oder weniger drucken und ohne Wasser so seindt die Schnecken Tröge döß Jahr alle deß Todts. Ob man nun ein solchen Unlust drinnen lest liegen oder herauswürft, weiß ich nicht, welches Rathsamer ist. In Summa, eß seye ihnen nun wie eß wolle so bittet er umb Gnadt, gestalt dann Herr Rittmeister Claß und Leuttenandt Sandner gleich bei mir gewest, mich angesprochen, ich möchte den Herrn Gevattern wegen ihr fleißig grüßen und bitten. Er wolle eß zu kein Bericht kommen lassen, Solch Ihme habe vermelden wollen und verbleibe

     Deß Herrn Gevatter
     D. W.
     W. v. Gößnitz.

    Zue Ingelsburg den 22. Novembris 1649.
    Aufschrift. Dem Wohledlen, Gestrengen und Ehrenvesten, Herrn Johann Flessa von Seilbitz uff Raschau, Churfürstl. Durchl. zu Sachsen Wohlbestallter Amptsschösser zu Voigtsbergk, Meinem insonders verehrten Freund und biedern Herrn Gevattern.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottlieb Jahn: Die Perlenfischerei im Voigtlande. Selbstverlag des Verfassers, Oelsnitz 1854, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Perlenfischerei_im_Voigtlande.pdf/88&oldid=- (Version vom 31.7.2018)