Seite:Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige (Rezension).pdf/12

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

In einer vor mehreren Jahren begonnenen, aber in Folge der Inanspruchnahme durch andere Arbeiten nicht zu Ende geführten Untersuchung hoffe ich gelegentlich noch den Nachweis zu erbringen, dass bis auf das DO. III. 183[1], alle anderen oben genannten Diplome Nachahmungen von der Hand eines und desselben Fälschers sind, der zu Anfang des 11. Jh. arbeitete und für seine Zwecke sich auch des wohl von ihm selbst hergestellten falschen Siegels bediente. Es wäre dieses das bisher bei weitem älteste Beispiel dafür, dass ein mittelalterlicher Fälscher im Auftrage verschiedener Empfänger seine Falsifikate angefertigt hat. Dass aber das Siegel wirklich falsch ist, geht, wie mir scheint, nicht zum mindesten auch aus der ganz minderwertigen Arbeit, die auch von ganz schlecht geschnittenen echten Typen der Zeit noch erheblich abweicht, hervor. Auch Foltz[2] hat dies wenigstens für die beiden Meissener Diplome bereits erkannt.

In wie weit sich sonst noch Fälschungen unter den abgebildeten Stücken befinden, wird ohne spezielle Kenntnis und Nachforschung nicht festzustellen sein. Ich beschränke mich daher darauf, noch einige Bemerkungen zu den mir genauer bekannt gewordenen echten Siegeln zu geben.

Ein bekanntes Argument gegen die Fähigkeit und die Absicht des früheren Mittelalters, im Siegel ein Porträt des betreffenden Herrschers zu geben, bildet der Umstand, dass Otto II. Siegel seines Vaters übernimmt. Dies ist, nachdem es von Foltz einmal festgestellt worden war, unwidersprochen geblieben und trifft auch tatsächlich zu, insofern Otto II., abgesehen vom ersten Königssiegel, das sechste Siegel Ottos I. (Posse Taf. 7, 7. 8, 5), und zwar wohl erst nach dessen Tode, benutzt hat. Ist das aber auch mit dem fünften Siegel Ottos I. wirklich der Fall?


  1. Es ist ein zweifellos von der Hand eines Kanzleibeamten geschriebenes Original. Wohl zu beachten ist aber, dass es eine Urkunde aus der Königszeit ist, die hier mit einem Kaisersiegel versehen erscheint. Auch dieser Fall wird im Verein mit einigen anderen ähnlicher Art als Beispiel für vorkommende Unregelmässigkeiten in der Besiegelung angeführt (vgl. Bresslau, N. Archiv VI, 554 f.), meist in dem Sinne, dass Diplome, die ihrer Schrift und den Daten nach der Königszeit eines Herrschers entstammen, späterhin mit einem Kaisersiegel versehen worden seien, sei es in Folge verzögerter Vollziehung und Ausgabe an den Empfänger, sei es als eine Art kaiserlicher Bestätigung einer Verleihung aus der Königszeit. Mir scheinen alle diese Fälle noch der Nachprüfung bedürftig, ob es sich wirklich und zweifellos so verhält.
  2. Vgl. seine systematische Zusammenstellung der Siegel der Sächsischen Kaiser im N. Archiv III, 41.
Empfohlene Zitierweise:
Hans Wibel: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige (Rezension). Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1910, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Siegel_der_deutschen_Kaiser_und_K%C3%B6nige_(Rezension).pdf/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)