Seite:Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern von 1806 bis 1858.pdf/72

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Artikel 1. Die Regierungen von Bayern und Frankreich verpflichten sich durch die gegenwärtige Uebereinkunft, Individuen, welche sich von Bayern nach Frankreich, und von Frankreich nach Bayern geflüchtet haben, und als Urheber oder Mitschuldige eines der nachstehend (Art. 2.) aufgezählten Verbrechen von den zuständigen Gerichten in Untersuchung gezogen, oder verurtheilt worden sind, jedoch mit Ausnahme ihrer eigenen Staatsangehörigen, sich gegenseitig auszuliefern. Diese Auslieferung soll auf den von der einen der beiden Regierungen an die andere im diplomatischen Wege zu richtenden Antrag stattfinden.

Art. 2. Die Verbrechen, wegen welcher die Auslleferung gegenseitig zugestanden sein soll, sind:

1) Meuchelmord, Vergiftung, Vatermord, Kindermord, Mord, Nothzucht (in gewaltsamer Weise vollzogen, oder versuchte Verbrechen gegen die Schamhaftigkeit);

2) Brandstiftung;

3) Verfälschungen in authentischen oder Handlungsschriften und in Privat-Schriften, mit Inbegriff der Nachahmung von Bank-Billets und öffentlichen Creditpapieren, wenn die zur Last gelegte That unter Umständen verübt worden ist, welche im Falle der Begehung in Frankreich, die Anwendung einer Leibes- und entehrenden Strafe zur Folge haben würden;

4) Verfertigung oder Inumlaufsetzung falscher Münzen, mit Einschluß der Nachahmung, Inumlaufsetzung oder Verfälschung von Papiergeld;

5) Nachahmung von zur Bezeichnung von Gold und Silber dienenden Staatsstempeln;

6) falsches Zeugniß; Verleitung von Zeugen zu falschen Aussagen;

7) Diebstahl, wenn derselbe von Umständen begleitet war, welche ihm nach der Gesetzgebung beider Länder das Merkmal eines Verbrechens aufdrücken;

8) von öffentlichen Verwahrern verübte Entwendungen, jedoch nur in jenen Fällen, in welchen nach der französischen Gesetzgebung Leibes- und entehrende Strafen zuerkannt werden würden;

9) betrüglicher Bankerott.

Art. 3. Alle Gegenstände, welche aus dem Besitze eines Beschuldigten bei dessen Verhaftung hinweggenommen werden, sollen zu dem Zeitpunkte, in welchem die Auslieferung bewirkt wird, mit übergeben werden, und es soll sich diese Uebergabe nicht bloß auf die entwendeten Sachen beschränken, sondern auch alle jene Gegenstände umfassen, welche zum Beweise der Vergehung dienen könnten.

Art. 4. Die Urkunden, welche zur Unterstützung von Auslieferungs-Anträgen beigebracht werden müssen, sind der gegen den Beschuldigten erlassene und nach den gesetzlichen Formen desjenigen Staates, welcher die

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern von 1806 bis 1858. Regensburg: Friedrich Pustet, 1860, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Staats-Vertr%C3%A4ge_des_K%C3%B6nigreichs_Bayern_von_1806_bis_1858.pdf/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)