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Art. 4. Zur Unterstützung von Auslieferungs-Anträgen ist die Beibringung des gegen den Beschuldigte erlassenen und nach den gesetzlichen Formen des requirirenden Staates ausgefertigten Verhaftsbefehls, oder irgend einer andern Urkunde erforderlich, welche dieselbe Kraft wie ein Verhaftsbefehl hat, und gleichfalls die Natur und Schwere der untersuchten That, sowie die hieraus anwendbare Strafbestimmung angibt.

Art. 5. Wenn das Individuum, dessen Auslieferung verlangt wird, in dem Lande, in welches sich dasselbe geflüchtet hat, bereits wegen eines eben daselbst begangenen Verbrechens oder Vergehens in Untersuchung gezogen oder verurtheilt ist, so hat die Auslieferung erst nach Erstehung der gegen dasselbe anerkannten Strafe zu erfolgen.

Art. 6. Die Auslieferung kann verweigert werden, wenn seit der Begehung der zur Last gelegten That, seit dem Untersuchungs-Verfahren, oder seit der Verurtheilung, eine Verjährung der Anklage oder der Strafe nach den Gesetzen desjenigen Landes eingetreten ist, in welches sich der Beschuldigte oder Verurtheilte geflüchtet hat.

Art. 7. Die durch die Verhaftung, die Gefangenhaltung und den Transport des Auszuliefernden, so wie die durch die Versendung der im Artikel 3 bezeichneten Gegenstände, verursachten Kosten werden von demjenigen Staate, in dessen Gebiet der Verfolgte ergriffen worden ist, bis zur Grenze seines Staatsgebietes, getragen.

Art. 8. Sind, zur Erhebung der Umstände eines in Bayern oder der Schweiz begangenen Verbrechens, Angehörige des einen oder andern Staates mit ihren Zeugnissen zu vernehmen, so sind, - sofern diese Personen nicht berechtigt erscheinen, sich nach den Gesetzen ihres Landes dieses Zeugnisses zu entschlagen, und hiervon Gebrauch machen wollen, - die beiderseitigen zuständigen Behörden verpflichtet, den an sie ergangenen unmittelbaren Requisitionen gegenseitig zu entsprechen, und die Vernehmungs-Protolle der requirirenden Behörde im Original oder beglaubigter Abschrift mitzutheilen.

Eine Ausnahme hiervon, und somit eine Ablehnung der gestellten Requisition hat nur dann Statt zu finden, wenn die Untersuchung gegen einen, noch nicht von der requirirenden Behörde verhafteten Angehörigen der requirirten Regierung gerichtet ist, oder die Anschuldigung der bereits verhafteten Person eine That betrifft, welche nach den Landesgesetzen der requirirten Behörde straflos ist.

Art. 9. Unter den im vorhergehenden Artikel gedachten Beschränkungen sind in außerordentlichen Fällen, wenn es zur Herstellung der Identität eines Verbrechens oder zur Erwahrung des corpus delicti nothwendig erscheint, - jedoch immer nur auf vorausgegangenen Antrag im

diplomatische Wege, die Zeugen gegenseitig auch persönlich zu stellen.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern von 1806 bis 1858. Regensburg: Friedrich Pustet, 1860, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Staats-Vertr%C3%A4ge_des_K%C3%B6nigreichs_Bayern_von_1806_bis_1858.pdf/80&oldid=- (Version vom 24.7.2016)