Seite:Die Trunksucht.pdf/53

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und abscheulichere Folge solcher Unthat, seine ganze Familie und mit ihr die öffentliche Gesellschaft vergiftet. Jedes Kind, das in einer solchen Familie geboren wird, trägt in seinem Blute die Schandspur der Lüderlichkeit seines Vaters mit sich herum, seine ganze Constitution ist damit angeschwängert, und man wird einst das Gepräge dieses fürchterlichen Stempels auf seiner Stirne nur zu deutlich gewahr werden. –

Man sieht also, die Trunksucht tödtet die Familie sowohl physisch als moralisch. Physisch, indem sie die Generation langsam und allmählig der Verderbniß zuführt, welche nach und nach alle daraus hervorgehenden Glieder gleich von Vornherein unglücklich macht, indem sie dem Blut eines Jeden derselben das Gift der Lüderlichkeit einimpft und so, als eine unvermeidliche Folge, mit dem vollen Gewichte des Elends auf ihm lastet. Moralisch, weil dieses Laster nach und nach allen Respect, sowie die heiligen Ueberlieferungen des Familienlebens vernichtet, weil da, wo das Haupt der Familie nicht mehr geachtet wird, alles Gebieten, sowie aller Gehorsam aufhört, und weil dann des Hauses Frieden seinem völligen Ende nahe ist.

Was für Achtung kann in der That ein Kind vor seinem Vater hegen, wenn er denselben des Weines oder Schnapses übervoll und gemeine Schimpfreden ausstoßend heimkehren, ihn von einer Seite zur andern schwanken und endlich wie ein unfläthiges Thier in eine Zimmerecke fallen sieht, wenn derselbe, kurz zuvor noch bösartig und gefährlich, nun auf einmal wehrlos wie ein Klotz daliegt, so daß man ihn während seines Schlafes ungeahndet mit den Füßen stoßen und bei seinem Erwachen ihm den Blick der Verachtung in’s Antlitz schleudern kann?!

Wenn das Familienhaupt bis in diesen Zustand der Entwürdigung versunken ist, folgen das Elend und der Familienruin ihm auf dem Fuße nach, und mit diesen die Entsittlichung. In der That bringt die fragliche Neigung, indem sie alle Empfänglichkeit für das Gute

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Édouard Burdel; Übersetzer: Johann Heinrich Gauß: Die Trunksucht. Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1855, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Trunksucht.pdf/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)