Seite:Die deutsche Art in Luther 13.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Mann wird ihm zum Propheten, dessen weitschauendes Wort in der Wahrheit geheiligt ist.

 Im Jahre 1617 feierte Martin Rinkart Luther als den eques Islebiensis mit einer Schulkomödie am Gymnasium zu Eisleben. Wahrlich, gleich dem Ritter, den Albrecht Dürers Meisterhand uns gezeichnet hat, strebt er vom Tode bedroht und vom Feinde umschmeichelt der hochgelegenen heimatlichen Burg zu, ohne Furcht und Tadel im Kampfe sich bewahrend und im Kampf bewährt. Man hat uns wohl höhnend gefragt, ob wir Luther zum Nationalheiligen erheben wollen. Das käme uns nie zu Sinn. Er ist nicht eine auf Goldgrund gemalte Heiligenfigur, sondern ein armer Sünder, den die Gnade frei, froh und mannhaft gemacht hat. Aber ohne Herzklopfen dürfen wir ihn einen Heiligen nennen, denn Gott der Herr selber hat ihn frei und selig gesprochen. Am liebsten aber möchten wir ihn zu jenen großen Patriarchen zählen, die da gesegnet zum Segen werden sollen.

 Trauernd fragen wir, ob unsere deutschen Brüder, die in Luther den Volksverderber und Zerstörer deutscher Einheit verachten, noch einmal zu einer geschichtlichen Würdigung seiner Person gelangen werden, erschüttert sorgen wir, ob der Undank, dem Luther nicht fromm oder nicht frei genug erscheint, nicht einmal von Gott übel gelohnt werde. Wir aber wollen recht protestantisch gegen alles Unrechte, Unwahre und Unreine zu Feld ziehen, am strengsten gegen uns, am mildesten gegen unsre Gegner sein, echt lutherisch in die Tiefe steigen, um zur Höhe zu gelangen, nichts menschliches uns entfremden, weil es des Göttlichen Ebenbild ist, vor allem aber echt evangelisch den im Herzen und Gewissen behalten, der Luther, so oft er betete, erschien, den Mann am Kreuz.

 Verehrte Anwesende, ich gedenke nicht ohne Bewegung des 10. November 1884, da ich, ein junger Anfänger, in Ihrer schönen Dreieinigkeitskirche den Worten Ihres unvergeßlichen Rodde lauschte. Wie hat er mit Lukas 7, Vers 4 u. 5 Luthers Art, Werk und Wesen gezeichnet! Weil er unser Volk lieb hatte, gehört sein Bild nicht nur in die Walhalla,

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Die deutsche Art in Luther. ohne Verlag, 1910, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_deutsche_Art_in_Luther_13.png&oldid=- (Version vom 20.7.2016)