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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z

Verlust ihres Kindes, das wegen der überraschenden Ähnlichkeit mit dem Vater der Gegenstand ihrer zärtlichsten Mutterliebe war, erfahren. – Ihr Vermögen war schon früher ein Raub der französischen Revolution geworden.

Schon in frühern Jahren war es ihr fast zum Bedürfniß geworden, ihre von ihren Aeltern ererbten Anlagen zur Dichtkunst zu üben. – Der Drang ihrer durch widrige Schicksale aufgeregten Empfindung sprach sich in jenen Versuchen schon aus; sie war aber weit davon entfernt, sie zur öffentlichen Bekanntmachung zu bestimmen. – Ganz wider ihren Willen und ohne ihr Wissen ließ Giesecke einige ihrer Gedichte der Art drucken, und eine Freundin, Fräulein v. Ittner, lieferte später einige ihr anvertraute Kleinigkeiten in die Erheiterungen. – Im Jahr 1812 lieferte sie selbst anonym einige Aufsätze ins Morgenblatt. – Ein sehr edler Zweck, den sie im Auge hatte, bewog sie endlich im Jahr 1814, ihre dichterischen Versuche zu sammeln und unter dem Titel Herbstblumen herauszugeben. – Sechs Jahre theilte sie seitdem öffentlich nichts mit, übersetzte aber indeß die Merope metrisch, weil ihr die Gotter’sche Übersetzung nicht mehr genügte, und lieferte manche von ihren Aufsätzen in Zeitschriften. – Im Jahr 1822 übersetzte sie, unter dem angenommenen Namen P. v. Husch, einen sehr witzigen franz. Roman, das Kind Europ’as, mit freier Bearbeitung. – Das Unglück war für sie eine Schule der geistigen Bildung, und ihr Schmerz stimmte sie zu dem schwärmerischen Sinne, der in ihren neuen Schriften hervorleuchtet. –

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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z. F. A. Brockhaus, Leipzig 1825, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_deutschen_Schriftstellerinnen_(Schindel)_II_016.png&oldid=- (Version vom 23.11.2023)