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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z

Wieland ging ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und weinte abermals tief erschüttert. Der gerührte la Roche nahm darauf ihn und seine Frau, und drückte sie beide an einander. Ein seltner Freundschaftsbund, in der Jugend geschlossen, noch im hohen Alter beider Freunde, dauert 56 Jahre hindurch. Durch Wieland wurde Sophie auch mit seiner schätzbaren Freundin Julie von Bondeli in Bern bekannt und widmete auch ihr herzliche Freundschaft und Achtung. – Das Schicksal hatte Sophien Georg Maximilian la Roche, eine sehr geistreichen Mann, zum Gatten bestimmt, den sie während Wielands Abwesenheit kennen gelernt hatte und im Jahr 1754 aus Gehorsam und Verehrung, wohl aber wider die Stimme ihres eignen Herzens, heirathete. – La Roche war damals kurmainzischer Hofrath, aber ganz besonders an den kaiserl. wirklichen Geheimenrath und kurmainzischen Großhofmeister und Staatsminister Graf Friedrich von Stadion gefesselt, der ihn, als einen verwaisten Knaben, liebgewonnen, seinen eigenen Namen Frank von Lichtenfels, nach der damaligen Sucht zu französiren, in la Roche umgeändert, erzogen und zu seinem Freunde und Gehülfen gebildet und ihm, da er zum Manne in seinem Sinn und Geiste gereift war, neben den kurmainzischen Cabinetsgeschäften die Direction aller großen Besitzungen der Stadionischen Familie in Schwaben, Würtemberg und Böhmen übertragen hatte. Sophie lebte mit ihrem Gatten nun also in Mainz. Dieser war der würdige Zögling seines Herrn. Ein schöner Mann, von einnehmender Gestalt, des französischen Tons vollkommen mächtig, wirkte er erfreulich durch seine

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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z. F. A. Brockhaus, Leipzig 1825, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_deutschen_Schriftstellerinnen_(Schindel)_II_191.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)