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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z

machte sie nicht unbedeutende Fortschritte; über letztere las sie die besten Werke der deutschen und ausländischen Sprachen, die sie verstand; um sich einen gebildeten Kunstgeschmack zu erwerben, suchte sie sich auch selbst in einer kleinen Malerakademie, der ein sehr geschickter Lehrer vorstand, in der Zeichenkunst nach guten Regeln zu üben. – Die Musik hatte einen zu mächtigen Einfluß auf sie und versetzte sie in eine Art von Melancholie, daher betrieb sie dieselbe bei vielen Anlagen nur als Studium. – Unter den geschichtlichen Werken, die sie las, gewann sie ganz besonders die alten Chroniken lieb, die sie sich von der vortrefflichen Stadtbibliothek in Hamburg zu verschaffen wußte. Die fast stete Beschäftigung mit dieser Lecture hatte einen sehr nachtheiligen Einfluß auf ihre Seele, und sie hatte bei ihren spätern Versuchen in Prosa fast unübersteigliche Hindernisse zu bekämpfen. Alles dies waren Beschäftigungen ihrer frühern Jugendjahre, wo sie gegen alle andere dem weiblichen Geschlechte sonst eigenthümliche, als, nach ihren Gedanken, ihrer unwürdig, eine große Abneigung fühlte, so sehr auch eine treffliche, vernünftige Mutter sie dazu, neben ihren geistigen Arbeiten, mit großem Ernst anhielt. Als sie aber Verlobte ihres jetzigen Gatten, des in Hamburg angestellten Doctor der Rechte Fr. Hr. Schoppe, mit dem sie sich in ihrem 20sten Jahre 1811 verband, wurde, eignete sie sich mit dem größten Eifer alle Kenntnisse an, die Pflichten ihres künftigen Standes zu erfüllen, erwarb sich unter ihren Freunden und Bekannten den Ruhm der größten Häuslichkeit, Ordnung und Thätigkeit, als redliche Hausfrau und zärtliche sorgende Mutter; und hielt die strenge

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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z. F. A. Brockhaus, Leipzig 1825, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_deutschen_Schriftstellerinnen_(Schindel)_II_274.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)