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Walther Kabel: Die dummen gothaischen Hasen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 11, S. 208–209

Der Herzog steigt aus dem Wagen und geht in Begleitung des Schulzen zum Bauern Jerster hinüber, der wirklich Talent zum Dresseur haben muß, denn die beiden Hasen vollführen Kunststücke, die man ihnen kaum zutrauen sollte. Sie trommeln, springen über einen Stock, sogar übereinander, stellen sich auf Kommando tot, apportieren ein Taschentuch; es sind tatsächlich selten schlaue Tiere.

„Das war wohl nicht ganz leicht, den Tieren alles dies beizubringen?“ fragt der Herzog interessiert.

„Mit Geduld und Hunger kriegt man die Biester schon zahm,“ meint der Bauer.

„So, so – also Hunger! – Na, und woher haben Sie denn diese schlaue Sorte von Hasen bezogen?“

Jerster fährt erschreckt zusammen, denn die Hasen hat er in Schlingen auf gothaischem Jagdgebiet gefangen. Also die Wahrheit darf er auf keinen Fall sagen. Er hilft sich aber mit echter Bauernschläue, indem er erwidert: „Die sind aus dem Weimarischen drüben.“

Dort hatte ja Herzog Ernst nichts zu befehlen.

„Warum richten Sie eigentlich unsere hiesigen Hasen nicht ab, Jerster?“ fragt Hoheit weiter.

Der Bauer zuckt verlegen die Achseln und stößt schließlich als Ausrede hervor: „Das geht nicht, Hoheit – die gothaischen Hasen sind viel zu dumm dazu!“

W. K.
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Walther Kabel: Die dummen gothaischen Hasen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 11, S. 208–209. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_dummen_gothaischen_Hasen.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)