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dar, die aus der direkt gemessenen -Kurve durch eine einfache Umformung erhalten ist.

Es entsteht also die Aufgabe, die Konstante mittels der Methode der kleinsten Quadrate so zu bestimmen, dass der Quotient auf der linken Seite von 8) möglichst konstant wird; ist der Mittelwert sämtlicher gefundenen , so muss also

9) ,

zu einem Minimum gemacht werden. Wegen der komplizierten Form von kann dies nur durch Ausprobieren geschehen; nach einiger Übung findet man passende Werte von sehr bald und zwar leicht auf 1/2 Proz. genau.

Ich teile am Schlusse einige Messungsergebnisse mit.

Tabelle I bezieht sich auf meine alten Beobachtungen, bei denen ein leider damals untergelaufener Rechenfehler, auf den Herr E. Gehrke mich freundlichst aufmerksam machte, beseitigt ist. Tabelle II, III und IV enthalten neue Beobachtungen von bedeutend grösserer Schärfe[1], die ich kürzlich gemacht habe, mit gütiger Unterstützung von Herrn und Frau Curie, die mir eine kleine Quantität ihres ungemein wertvollen reinen Radiumchlorids zur Verfügung stellten. Die enorme Aktivität dieses Präparates erlaubte die Anwendung sehr kleiner Körnchen als Strahlungsquelle und eines entsprechend feinen Diaphragmas, so dass die Kurven bedeutend feiner wurden als früher und sogar die blosse Spannung der Hochspannungsbatterie (circa 2000 Volt) schon ausreichte, um eine hinreichende Trennung der beiden Äste zu bewirken. Es sind die Kurven II und III mit der Spannung von 2000 Volt aufgenommen, bei Kurve IV wurde durch den l. c. beschriebenen rotierenden Umschalter die Spannung auf etwa 5000 Volt gesteigert. Die Übereinstimmung mit der Theorie ist so gut, als es die Beobachtungsgenauigkeit nur erwarten lässt, da der mittlere Fehler der Einzelwerte bei sämtlichen vier Kurven nur 1 bis 1,4 Proz. beträgt.

Kennt man den Absolutwert von , so kann man nach Gl. 7 auch ermitteln. Ich habe bei den neuen Versuchen noch nicht gemessen, bei den alten Versuchen (Tab. I) war , woraus sich ergiebt

10)

in guter Übereinstimmung mit dem für Kathodenstrahlen gefundenen Werte

11) .

Berechnet man für die Versuche in Tab. I die Konstanten und aus den Apparatdimensionen, so findet man für einen um etwa 7,2 Proz. abweichenden Wert[2], d. h. man erhält für die Geschwindigkeit der schnellsten Strahlen nicht die Lichtgeschwindigkeit, sondern .

Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei genügender Verfeinerung der Messungen diese Differenz verschwinden wird. Versuche in dieser Richtung sind im Gange.

Zusammenfassend lässt sich jetzt schon sagen, dass die Beobachtungen zu folgenden Schlüssen berechtigen:

Die Masse der die Becquerelstrahlen bildenden Elektronen ist von der Geschwindigkeit abhängig; die Abhängigkeit ist genau darstellbar durch die Abrahamsche Formel. Es ist demnach die Masse der Elektronen rein elektromagnetischer Natur.

Der für kleine Geschwindigkeiten berechnete Wert stimmt innerhalb der Beobachtungsfehler mit dem für Kathodenstrahlen gefundenen überein.

(Selbstreferat des Vortragenden.)
Diskussion.

Meyer (Königsberg): Darf ich fragen, wie berechnet man die Funktion , theoretisch oder durch Messungen?

Kaufmann: Vielleicht ist es besser, wenn wir erst nach dem Vortrag von Abraham die Diskussion führen.

Abraham (Göttingen): Die theoretische Ableitung bringe ich ja; aber darüber können wir doch sprechen, inwieweit durch die Beobachtungen die von der Theorie verlangte Form der Funktion bestätigt wird.

Kaufmann: Die Vergleichung mit der Theorie erfolgt in erster Linie auf Grund der auf der Platte gemessenen Ablenkungen, indem die beiden von den Apparatdimensionen und Feldstärken abhängigen beiden Konstanten nicht durch absolute Messung, sondern empirisch nach der Methode der kleinsten Quadrate bestimmt werden.

Wenn man absolut bestimmt, kommt man zu einer Übereinstimmung viel schwerer, weil ein Fehler von 1 Proz. in der Bestimmung von schon Fehler von 10 oder 20 Proz. für giebt. Deshalb ist es nötig, dass man die relativen Werte miteinander vergleicht. Eine absolute Messung habe ich bisher nur für die ersten, älteren Versuche vom vorigen Jahre ausgeführt. Da bekommt man Abweichungen im Werte von bis zu 7 Proz. Rechnet man nun nach Korrektion dieser Abweichung daraus den Wert aus, so bekommt man den Wert , während für die Kathodenstrahlen gefunden ist .


  1. Hier werden die Platten gezeigt.
  2. W. Kaufmann, Gött. Nachr. 1902. H. 5.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Kaufmann: Die elektromagnetische Masse des Elektrons. S. Hirzel, Leipzig 1902, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_elektromagnetische_Masse_des_Elektrons.djvu/3&oldid=- (Version vom 3.10.2019)