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und liebenswürdiger Cavalier war, und dessen Gemahlin, die von Jugend auf am Hofe gelebt hatte, bildeten das Herz und den Verstand der jetzigen Gräfin von R – – – zur beneidenswehrten Größe. – Unter so guten Händen, versehen mit den nothwendigen Lehrern und Lehrerinnen, gedieh ihr Geist weit über die gewöhnliche weibliche Größe und Erhabenheit; er blieb nicht in der Sphäre weiblicher Eingeschränktheit; er wagte höhern Flug in das Studium mehrerer Sprachen, in Philosophie, Geschichte, Zeichnen, Mahlerkunst, Musik, und andre Gegenstände, die gewöhnlich Frauenzimmer kaum den Namen nach kennen. – Sie denkt richtig, urtheilt gut, und mit Einsicht. – Sie spricht ihre Muttersprache, französisch, italiänisch, englisch. – Ihre Bibliothek enthält keine Romane; – gute Reisebeschreibungen, philosophische, moralische, pädagogische Schriften und Geschichte sind die Fächer ihrer kleinen aber auserlesenen Büchersammlung. – Ihre Zeichnungen verrathen Meisterzüge und die geschickteste Hand, die Meisterin würde, wenn Zeichnen ihre tägliche Beschäfftigung wäre. – Sie spielt Klavier mit Ausdruck und Empfindung, und ihre Stimme ist angenehm, schmelzend, empfindungsvoll. – Ihr Herz ist so groß wie ihr Verstand; weiter unten werde ich suchen, dessen Züge zu entfalten.

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  Gräfin R – – – hatte von der Natur ein Geschenke bekommen, wornach jedes Mädchen

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Anonym: Die musterhafte Dame, kein Ideal in: Journal von und für Franken, Band 5. Raw, Nürnberg 1792, Seite 098. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_musterhafte_Dame,_kein_Ideal.pdf/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)