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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

In Folge dieser Eroberungen blieb den Flüchtlingen kein anderer Zufluchtsort übrig, als das Land am Don, unfern des asow’schen Meeres, und die wüsten, hinter den Wasserfällen des Dnieprs, nach der Seite des schwarzen Meeres zu, gelegenen Gegenden.

Hier war die Wiege der Kosacken. Doch fanden die Flüchtlinge der unterjochten russischen Fürstenthümer in diesen Schutzorten schon ältere Bewohner vor, welche theils aus Nachkömmlingen einheimischer Stämme, theils aus Eingewanderten bestanden.

Seit langer Zeit wachten die Söldnerhorden Asiens, die Türken und die Kara-Kalpaken, über die Sicherheit der Gränzen Rußlands. Sie waren unabhängig, dienten für Geld, und behielten ihre asiatischen Namen bei. Diese Horden wurden von den Russen Brodniks genannt, das heißt bewaffnete Herumstreifer, welche für Geld ihre Dienste verkauften.

Berlade in der Moldau unterschied sich in Nichts von der Sitsch[1] der Kosacken. Es war dies der Sitz einer kriegerischen, schon domicilirten Gesellschaft, welche vom Raub und Plündern lebte.

Außer den Brodniks fanden sich in den oben genannten Schlupfwinkeln Vagabunden von allen Nationen zusammen. Die durch die Tartaren von der Steppe verdrängten Polowzen, Tscherkessen vom Kaukasus,


  1. Sitsch – wahrscheinlich von dem deutschen Worte Sitz, hieß bei den Kosacken ein befestigter Platz, wo sich das Hauptlager der Saparoschzen befand.
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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/27&oldid=- (Version vom 19.12.2022)