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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

sprechen dem Sterbenden Trost zu; hat er die Augen geschlossen, so singt der Kuckuck im blühenden Hollunderstrauch sein Grabeslied. – Jeder tapfere Krieger ist ein „heller Falk“, er verfolgt den Feind, wie der Vogel der Lüfte seinen Raub. Aus dem Wehen des Windes, aus dem Wellengemurmel, aus dem Wiehern und Hufschlag seines Rosses weiß er die Zukunft zu deuten …

Es wäre interessant zu erfahren, wie den Kleinrussen der Glaube an die wunderthätigen Kräfte der Raute und des Salbei gekommen, welchen wir so oft in ihren Liedern begegnen. Bekannt ist, daß diese beiden Kräuter im Mittelalter eine große Bedeutung hatten. Man hat sogar lateinische Verse darauf gemacht, wie z. B.

Non est metus mortis
Cui est salvia in hortis;

oder:

Salvia cum ruta
Faciunt tibi pocula tuta
u. s. w.

In den vor mir liegenden Sammlungen befinden sich eine Menge Lieder, welche sich auf häusliche, gesellschaftliche oder öffentliche Festlichkeiten beziehen. Ich theile davon nur solche mit, die durch ihren poetischen Gehalt von allgemeinem Interesse sind, wie ich mir überhaupt eine sorgfältige Auswahl zur Pflicht gemacht habe.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/43&oldid=- (Version vom 13.9.2022)