Seite:Die preussischen Bürger des jüdischen Glaubensbekenntnisses 11.jpg

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neugestatteten Boden das Heimathsrecht sich anzueignen. Trotz alles Schmutzes, den man ihnen durch die Kloake der Tyrannei zuzuführen gedachte, standen sie niemals unter dem Vulgus ihrer Unterdrücker, sondern über ihm; wir bedürfen keiner Erziehung nur der Sonne der Freiheit; unter ihrem wärmenden Strahle wird auch da, wo Pflanzen verdorrt sind, Blüthen erstickt sind, wo nahrungsvolle Früchte von Unkraut überwuchert sind, neues Leben emporsprießen. Wir können weder zu unserm Heile, noch für unser Recht etwas halbes brauchen; wie es keine Freiheitsunwürdige, unfähige unter uns giebt, nirgends, in keiner Provinz, so erkennen wir auch keine Grade an, in denen man uns der Freiheit entgegenführt. Wir sind Bürger des Staats und der Menschheit, darum fordern wir ganzes bürgerliches und menschliches Recht; wer halbes verlangt ist vom Werthe des Ganzen noch nicht durchdrungen; wer halbes giebt will die Weltgeschichte und die Natur nicht verstehen, die alles Halbe zurückweist, und der Totalität des Gegebenen den totalen Eindruck vertraut. Wir waren schon so eingesponnen im Staats- und Wissenschaftsleben, daß wir vergaßen, wir seien nur entlassene Sträflinge, daß man auf uns auch nachdem wir von der Kette befreit waren, vigilire, jeder von uns unter unsichtbarer polizeilicher Aufsicht stände; jeder verfehlte Schritt des Einzelnen, zu dem ihn die Schiefheit der Verhältnisse verleitete, Allen wird er angerechnet, jedes Selbstvergessen des preußischen Bürgers insofern als er sich wirklich für einen solchen hielt und seine individuelle Meinung als solche dem Staate kund that, war nur ein Exempel wie schlecht er die Freiheitsprobe bestanden; entlassene Gefangene, gebesserte Schüler werden erst dann wahrhaft frei und gut, wenn die Menschen, die sich zu ihren Corrigenten berufen fühlen, ganz vergessen, daß sie einst Anders waren als jetzt und keine Rücksicht auf die Vergangenheit, auf die Totalität aber wohl auf die Liberalität nehmen, die mit voller Hand giebt, niemals zurückzieht und bereut, niemals die Zeit überstürzt, niemals den früchtevollen Sommer vor dem blüthevollen Frühling verlangt und die Beschenkten in unbeschränkter Freiheit ohne durch ein Wächterauge