Seite:Die preussischen Bürger des jüdischen Glaubensbekenntnisses 14.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

allen Wissenschaften leuchtend wie der Morgenstern sich erhebt. Den Talmud sieht man ungestört an wie vor Jahrhunderten, noch immer enthält er die „feurigen Geschosse des Satans“, noch immer ist er der Schlangenbalg des Verderbens, noch immer ist er ein Canon, aus dem die Juden Alles schöpfen, was sie an Gift und Galle über die Menschen schütten wollen und die Strahlen, die auch hier die Kritik hinwerfen sollte, brechen sich an dem unglaublichen Stumpfsinn gegen Alles, was Jüdisch heißt.

Oditur in innocuis etiam nomen innocuum (Tertullian.) Die talmudischen Pandekten (πάντα δέχονται) enthalten Alles, was in 5–6 Jahrhunderten von jüdischen Geistern geäußert, gedacht, befolgt worden ist; in den talmudischen Digesten ist unter verschiedenen Rubriken das verschiedenste Lebens- und Denkmaterial digerirt worden; wie in einem ungeheuern Hohlspiegel sieht man in ihnen das Leben von Jahrhunderten zurückstrahlen mit seinen Gedanken, mit seinem Haß und seiner Liebe, mit seiner Entsagung und seiner Philosophie. Die beiden Fundamente unseres Lebens, das Recht und die Religion, die That und der Gedanke füllen sie mit all ihren beästeten Armen und Fasern; und wie ihr Recht nicht immer mit der modernen Jurisprudenz übereinstimmt, auch die Sentenz, der Gedanke, will nicht immer in die Spannungen unseres geistigen Lebens eingehen; nur für den religiösen Inhalt ist er ein Grundstück geblieben, aus dessen Boden ein unendlicher Baum der Entwickelung gewachsen und das insofern noch fruchtbar ist, als sein Boden täglich von den Geistern, die sich mit ihm beschäftigten, umwühlt und umackert ward. Er enthält eine Polemik gegen das Christenthum; also die Toleranz, die man heute noch nicht üben will, sollte vor 1500 Jahren mit aller humanen vorsichtigen Schüchternheit geäussert worden sein? also so prophetisch sollten die Rabbinen gewesen sein, um die Censurstriche der zukünftigen Aufklärung schon zu ahnen? Er enthält neben dem Trefflichsten manch hartes Wort eines harten Mannes, eines heftigen Gemüthes. Also, so zart, so süß ist das Alterthum gewesen, daß wir vor individuellen schroffen Ansichten in ihm erschrecken. Es kommt wohl auch in unserm Leben, unsern Schulen, unserer Politik manch Hartes, Unsittliches,