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Verschiedene: Die zehnte Muse

Das Ueberlied.[1]

     Ich liebe Botticellileiber,
     Die wie Tiffanyglas so schlank;
     Ich sterbe für die Ueberweiber
     In Keller-Reiners Künstlerschank.

5
Ich buhle, gleich verliebten Pagen,

Um stilisierte Bel-Etagen,
     Im stilisierten Berlin W–:
     Da wohnt sie, meine Ueberfee!
O Ueberweib, so reizerblüht,

10
Dir steigt mein Lied, mein Ueberlied!


     Die stilisierte Ueberehe,
     Die ist mein künstlerisches Ziel!
     Mein Ueberweibchen schon ich sehe
     Im Ueberheim – im Eckmannstil!

15
Von Leistikow die Wandtapeten,

Auf Pankokläufer soll man treten;
     Um Mitternacht umfängt uns nett
     Herrn van der Veldes Ueberbett. –
O Ueberbett, auch dir steigt müd

20
Mein Abendlied, mein Ueberlied!


     Und muss ich stillos einst verlassen
     Die stilisierte Ueberwelt,
     Sollt ihr als Grabschrift mir verfassen:
     Hier ruht ein stilvergnügter Held!

25
Lasst, Freunde, noch um eins mich betteln:

Baut aus sechs kleinen Ueberbretteln
     Dem Leib, der meine Seele barg,
     Den stilisierten Uebersarg.
Am Uebersarge, wenn ich schied,

30
Singt mir mein Lied, mein Ueberlied.
Hans Brennert.

  1. Dieses Gedicht erschien am Vorabend der Eröffnung des ersten Ueberbrettls im »Berliner Tageblatt« mit einer Widmung an Ernst von Wolzogen.
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Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)