Seite:Dillenius Weinsberg 103.png

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Neckarsulm nahm die Bauern als Freunde auf, da die Deutschherrn hier so verhaßt waren, als irgendwo; und das Heer der Bauern hatte sich theils im Städtchen einquartiert, theils lag es vor den Mauern auf den Wiesen umher.

Auf der Burg von Weinsberg saß als östreichischer Burg- und Obervogt Graf Ludwig Helfrich von Helfenstein, ein junger Ritter von 27 Jahren, Liebling des Erzherzogs Ferdinand, seit 5 Jahren vermählt mit einer natürlichen Tochter des vor 7 Jahren verstorbenen Kaisers Maximilian I., Margarethe, genannt von Edelsheim, Wittwe des Johannes von Hillen, gewesenen Forstmeisters der Herrschaft Tyrol.

Schon im Februar d. J. war ihm vom Erzherzog Ferdinand, damaligen Regenten von Württemberg, die Aufsicht und Versorgung aller Festungen Württembergs übertragen worden. Im März d. J. bekam er als Oberst den Oberbefehl über 2000 Mann, mit denen er dem Herzog Ulrich, bei dessen damaligem Versuch, vom Hegau aus sein Land wieder zu erobern, den Weg verlegen und ihn in seinem Vorrücken verhindern sollte. Allein als der Herzog den 5. März Herrenberg zur Übergabe nöthigte und der Graf von Tübingen aus vorrückte, um diese zu hintertreiben, wurde er von Ulrichs schweizerischen Söldnern so geschlagen, daß er auch Tübingen schnell verließ und sich nach Stuttgart zurückzog *)[1].

Als der Helle Haufen in die Nähe von Weinsberg kam, ging der Graf die östreichische Regierung zu Stuttgart dringend um Verstärkung an **)[2]. Er wurde mit Dieterich von Weiler in die Rathsversammlung nach Stuttgart berufen. Man hatte beschlossen, durch Ludwig Späth von Höpfigheim und etliche Andere 1000 Knechte anwerben zu lassen und Ludwig von Helfenstein als Obersten über diese Knechte zu setzen, weil man höre, daß viele Leute einen Willen zu dem Grafen haben. Nehme man die Reisigen dazu, so werde Widerstand möglich, und wenn die Bauern diesen Ernst hören, werden sie sich, wie sie auch sonst schon gethan, wieder zurückziehen. Die Regimentsräthe hofften auch von Baden und Pfalz eine reisige Hilfe zu erhalten – welche Hoffnung aber wegen der auch dort ausbrechenden Unruhen unerfüllt blieb –; und um einstweilen, bis weiterer Beistand käme, dem Eindringen der Odenwälder Einhalt thun zu können, wurden dem Grafen von Helfenstein gegen 16 Ritter und 60 Reisige (Knechte) zugegeben, die mit ihm nach Weinsberg eilten. 12. April.

Kaum angekommen, schrieb er an die Regierung zurück: daß er mit seinen wenigen Leuten dem mit etwa 6000 Mann eindringenden Bauernhaufen aus dem Odenwald und Hohenloheschen in die Länge nicht werde widerstehen können. „Wo mir, schloß er, mit Reisigen oder anderen Knechten nicht Hilfe oder Zusatz kommt, so will ich meine Ehre hiemit verwahrt haben; wo einiger Nachtheil oder Schaden daraus erfolgen möchte, will ich daran unschuldig sein; wiewohl ich nichts destoweniger, so lange mein Leben währt, alles das thun will, was einem frommen und redlichen Amtmann wohl ziemet.“

Zwei Tage später bat er, ihm doch die hessischen Pferde von Stund an herabzuschicken. Noch dringender schrieb er am Ostersamstag, den 15. April, man möchte doch schleunig die pfälzischen Reiter schicken mit Geld, „damit nicht Nachtheil, Spott oder Schaden daraus erfolge ***)[3].“


  1. *) Steinhofer, 4, 931. 938 etc.
  2. **) Nach Zimmermanns Bauernkrieg II. 284 fg. und Stuttg. Staatsarchiv.
  3. ***) Vgl. die Vorwürfe, welche die nach der Katastrophe um Hülfe angegangenen Bundesräthe von Ulm dem – vom Lande abwesenden – Erzherzog, der Regierung und der Landschaft über ihre unverantwortliche Nachlässigkeit und Langsamkeit, namentlich auch in Beziehung auf Weinsberg machen. Zimmermann B.Kr. II. 306.