Seite:Dillenius Weinsberg 106.png

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Schon vor Tagesanbruch – 16. April, Osterfest – waren auf diese Nachrichten Ritter und Reisige gerüstet; ihre Pferde in den Stallungen gesattelt und gezäumt, und zur Verstärkung der geringen Besatzung des Schlosses wurden sogleich noch 5 Reisige auch dahin abgeschickt. Mehr konnte man nicht in’s Schloß legen, obgleich des Grafen Gemahlin und Kind und Kostbarkeiten darin waren. Der Graf verachtete auch die Bauern zu sehr, als daß er es für möglich gehalten hätte, daß sie ein so festes Schloß erstürmen. Es galt ihm vornehmlich, die Stadt gegen den ersten Angriff zu vertheidigen; er traf die nöthigen Anordnungen zu Vertheidigung ihrer Thore und der Wehren.

Hierauf versammelte er seine Ritter und Reisigen und die Bürgerschaft auf dem Markte, wo er sie ermunterte, herzhaft zu sein und ihr Bestes zu thun. Sie zeigten allen guten Willen und der Graf gab ihnen auch von seiner Seite die Zusicherung, da er sein Weib und Kind auf dem Schloß verlassen habe, wolle er auch bei ihnen in der Stadt ausharren und Alles für sie thun. Es werde ihnen auch unfehlbar heute noch ein reisiger Zug zu Hilfe kommen *)[1].

Die Thore, Mauern und Wehren waren nach der Anordnung des Grafen bereits alle besetzt. Noch zeigten sich keine Bauern …

Die Zeit des Morgengottesdienstes, den der Pfarrer abzukürzen ersucht ward, rückte heran. Mehrere Bürger und Reisige begaben sich in die Kirche, um das Sakrament zu empfangen. Auch der Graf und Dieterich v. Weiler waren zu Anhörung einer Messe darin.

Da wurde dem Grafen, noch ehe der Gottesdienst zu Ende ging, um 9 Uhr Morgens, in die Kirche gemeldet, die Bauern seien da; man sehe einzelne Bauerngruppen auf dem Schemelsberg, denen größere Parthieen nachziehen. Der Thurmwächter wollte sogleich Sturm schlagen; aber der Graf verbot ihm, Lärm zu machen, um die Einwohner nicht noch mehr zu beängstigen. Den Reisigen und Bürgern, die auf der Mauer zur Wehr gerüstet waren, sprach er zu, muthig und unerschrocken zu sein. Dietrich von Weiler und der Schultheiß Schnabel sorgten dafür, daß Weiber und Mägde ganze Haufen Steine, die von den Reisigen aus dem Pflaster ausgebrochen wurden, auf die Mauer trugen.

Vom Schemelsberg, auf welchem sich die Bauern in Schlachtordnung stellten, schickten sie 2 Herolde, an einem Hute kenntlich, den sie auf einer langen Stange trugen, zur Stadt hinab. Diese erschienen vor dem unteren Thore und forderten die Stadt zur Übergabe auf.

„Eröffnet Schloß und Stadt dem hellen christlichen Haufen, riefen sie an die Mauer hinauf; wo nicht, so bitten wir um Gotteswillen, thut Weib und Kind hinaus; denn Beide, Schloß und Stadt werden den freien Knechten zum Stürmen gegeben und es wird dann Niemand geschont werden.“

Die innerhalb des Thors aufgestellten Bürger und Reisige wußten nicht, was sie den Abgeordneten antworten sollten. Sie schickten nach dem Grafen und er eilte sogleich selbst dem Unterthore zu. Aber ehe er kam, war (unglücklicher Weise) Dieterich von Weiler an’s Thor gekommen.

Dieser, ein übermüthiger Rittersmann, glaubte nicht, daß die „Roßmucken“, wie er die Bauern verächtlich nannte, einen ernstlichen Angriff wagen würden, wenn sie entschlossene Gegenwehr fänden. Er hielt es für eine Schande, wenn ein


  1. *) Stuttgarter Staatsarchiv.