Seite:Dillenius Weinsberg 110.png

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hinaufdrängen. Es konnte aber hin und her nur Einer um den Andern durchkommen und dadurch, daß sie in einem auf der Treppe erstochenen Reiter das Schwert stecken ließen, wurde der Zugang auf kurze Zeit von ihnen selbst gesperrt.

Jetzt gab Dietrich von Weiler alle Hoffnung auf. Er trat auf den Kranz des Thurmes und rief hinab auf den Kirchhof: sie wollen sich gefangen geben und 30,000 fl. zahlen, wenn man sie am Leben lasse. „Und wenn ihr uns, riefen die Bauern hinauf, auch eine Tonne Goldes geben wolltet, der Graf und alle Reiter müssen sterben.“ „Rache, Rache für das Blut unserer Brüder, für die 7000 bei Wurzach Gefallenen!“ schrieen Andere; und in demselben Augenblick sank Dietrich von Weiler rückwärts nieder. Ein Schuß von unten hatte ihn tödtlich in den Hals getroffen. Und schon stachen auch die Schwerter derjenigen Bauern nach ihm, die jetzt den Thurmschnecken herauf gekommen waren. Dann warfen sie den noch Röchelnden über den Kranz auf den Kirchhof hinab.

Auch andere Ritter theilten sein Loos; darunter der Forstmeister Leonhard Schmelz. Matthias Ritter stürzte ihn und 2 Andere vom Thurm herab. Beckerhanns von Böckingen trat unter gräßlichen Flüchen auf dem Leichnam des Forstmeisters herum. Der junge Dieterich von Weiler, des Erschlagenen Sohn, erkaufte von Beckerhanns sein Leben mit 8 Goldgulden; aber dieser schlug ihn dennoch, wie er sich wandte, von hinten mit der Büchse nieder.

Georg Mezler, der oberste Hauptmann der Bauern und Andreas Remy von Zimmern, ein anderer Anführer, ritten herbei und gaben den Befehl, keinen Ritter und Reisigen mehr zu tödten, sondern Alle gefangen zu nehmen. So wurde Graf Helfenstein mit den Anderen vom Thurme herab geführt. Im Durchführen über den Kirchhof stieß ihn ein Bauer mit der Hellebarde in die rechte Seite; auch Georg von Kaltenthal wurde am Kopf verwundet. Die Gefangenen waren mit Stricken gebunden und wurden in die festen Mauern- und Thorthürme gelegt, Helfenstein wahrscheinlich in den Thurm an unteren Thore, nahe dem nachmaligen Mordplatze. Alles, Sturm, Eroberung, Gefangenschaft, war das Werk einer Stunde. Um 10 Uhr Morgens war Alles vorüber.

Da mehr gesattelte Pferde erbeutet wurden, als den Bauern Reiter in die Hände gefallen waren, so schloßen sie nicht unrichtig daraus, daß noch manche Reisige sich in bürgerlichen Häusern versteckt haben möchten. Unter Trommelschlag wurde sogleich bekannt gemacht, daß jeder Bürger sich in sein Haus begeben und bei Leib- und Lebensstrafe die in den Häusern und Scheuern versteckt liegende Reisigen ausliefern sollte. Nur Wenigen gelang es, durch die Gutmüthigkeit ihrer Hauswirthe zu entkommen. Einer verbarg sich im Backofen und entrann darauf in Weiberkleidung. Ein junger Knecht Dietrichs von Weiler, Marx Hengstein, wurde von einigen Weibern im Heu versteckt und entkam wie der Vorige. Jörg Mezler von Ingelfingen, ein Fähndrich der Bauern, rettete einen Dritten, ihm Befreundeten, indem er ihn für einen Koch ausgab.

Jetzt wollten die Bauern plündern. Da sie die Stadt mit Leib- und Lebensgefahr haben erobern müssen, behaupteten Viele, so gehöre ihnen nun auch Grund und Boden von Weinsberg zu. Nicht ohne großes Murren des Haufens brachten es endlich die Hauptleute dahin, daß nur die Häuser der Geistlichen, des Kellers (Binder), des Schultheißen (Schnabel), des Stadtschreibers (Rößlin) und des Bürgermeisters (Prezel), die sich besonders thätig an die Ritter angeschlossen hatten, der Plünderung preisgegeben, die übrigen Bürgerhäuser verschont wurden. Für die