Seite:Dillenius Weinsberg 116.png

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und umher standen die Edeln, bis er, nicht mehr er selbst, keine Gestalt mehr, zusammensank *)[1].

Wendel Hipler, welcher damals in Heilbronn lag, war auf die Kunde von der Niederlage bei Sindelfingen nach Weinsberg geeilt, wo er ein Feldlager zum Sammelplatz für die Trümmer des württembergischen Haufens errichten wollte. Er selbst eilte von da nach Würzburg, um die dortigen Brüder zur Hülfe herbeizurufen **)[2].

Aber die kaum 2000 Mann starke Schaar, welche er auf dem Schemelsberg und in Weinsberg zurückgelassen, hatte sich vor dem großen Bundesheer eiligst nach Franken zu zurückgezogen, oder sich in die Wälder verlaufen. Hunderte von Familien aus Weinsberg oder dem Weinsberger Thal waren, auf die Kunde vom Anzug der Bündischen von Stuttgart her, meist nach Heilbronn, theils nach anderen Orten mit Allem, was sie flüchten konnten, geflohen.

Am Tag nach Jäckleins Feuertod – den 21. Mai – Sonntag vor Himmelfahrt – nach Thomann und Holzwart – befahl der Truchseß dem Trautskircher, einem baierischen Edelmann, während vom Lager aus gegen 4–5000 Mann zu Roß, und zu Fuß in’s Weinsberger Thal zogen, die Stadt Weinsberg mit allem Gut darin zu verbrennen und die Weiber und Kinder, die noch darin wären, mit Gewalt herauszuschleppen.

Der Trautskircher erschien vor der Stadt. Er fand Nichts als Weiber, Kinder und Greise darin. Diese ließ er verwarnen, herauszugehen; auch das Sacrament ließ er heraustragen. Einen alten Mann, der nicht heraus wollte und 2 Kindbetterinnen schleppten die Knechte mit Gewalt heraus. Dann wurde das Städtchen an 3 Enden angezündet „und sind da etliche Weiber verbrannt, die auf die Warnung nicht haben von ihrem Gut gehen wollen“ ***)[3]. Vom Vieh und allem Geräth durfte weder ein Kriegsknecht, noch Eines der Ausgetriebenen das Geringste nehmen. „Und wenn sie voller Nobel gewesen wäre, die Stadt und alles Gut darin war zum Feuer verurtheilt.“ †)[4]. Fürchterlich war das Gebrüll des verbrennenden Viehs und das Geheul der unschuldigen Alten, der Weiber und Kinder, die ihre Wiegen und ihre letzte Habe vor ihren Augen verbrennen sehen mußten. Weithin hörte man es und in der Ferne leuchteten 5 umliegende brennende Dörfer: Erlenbach, Binswangen, Gellmersbach, Sülzbach, Ellhofen – welche wie andere im Thal und wie Weinsberg vom Boden weggebrannt wurden. Der Himmel über dem Weinsberger Thal war in jener gräßlichen Nacht Ein Feuermeer. Zehn Häuslein waren nach dem Erlöschen der Flammen von der unglücklichen Stadt allein noch unverbrannt zu sehen. Auch die schöne alte Kirche ward ausgebrannt ††)[5] und das ältere Archiv der Stadt ging in den Flammen zu Grunde.

Die Brandstätte, so lautete der Spruch der östreichischen Regentschaft, sollte dem Adel zur Genugthuung auf ewige Zeiten wüste liegen und die Stadt nie wieder


  1. *) Holzwart, Hdschr. übereinstimmend mit dem Bericht des Augenzeugen. Hans Lutz Hdschr.
  2. **) Zimmermann III. p. 811 fg.
  3. ***) Hans Lutz, der als Herold dabei war.
  4. †) Ebenderselbe.
  5. ††) Mit Thurm und Glocken. Der später restaurirte Thurm bekam keinen Kranz mehr, wie der frühere – s. oben, und die älteste Glocke ist von 1652, nach dem 30jährigen Kriege.