Seite:Doppl 06.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

bekannter Lichterscheinungen nach diesem Prinzipe, scheint es, wolle man es ankommen lassen, diese wolle man abwarten, und sodann erst versuchen, ob man sich mit wahrhafter Ueberzeugung dieser neuen Voraussetzung zuzuwenden vermögen wird.

Indessen giebt es bekanntlich sehr viele, die, wiewohl sie den Werth analytischer Ergebnisse in vollem Masse zu würdigen wissen, gleichwohl einen derartigen durchaus glücklichen Erfolg noch sehr bezweifeln und geradezu auf die Schwierigkeiten aufmerksam machen, denen in steigendem Masse diese neuere Theorie entgegen gehet[A 1]. — Laplace und Poisson, welchem Letzteren die Lichttheorie so viel verdanket, waren bekanntlich bis zum letzten Augenblicke ganz entschieden gegen diese neue Modification der Undulationstheorie, und haben diese ihre Ueberzeugung, wo sich nur immer die Gelegenheit hierzu darbot, mit Offenheit und ohne allen Rückhalt ausgesprochen. Auch Herschel d. j. hält diese Ansicht über die Natur des Lichtes (man sehe dessen Werk über das Licht, S. 540) durchaus noch nicht für die richtige und wahre, und er scheint sie nur einstweilen, ihrer Erfolge wegen, mehr dulden als vertheidigen und pflegen zu wollen. Dieser Meinung scheinen auch Brandes und viele andere höchst achtbare Physiker der Jetztzeit zu seyn, und es ist überhaupt sehr die Frage, ob nicht selbst die eigentlichen Vertheidiger der transversalen Schwingungen, wenn sie von den glücklichen Resultaten ihres Calcüls absehen, eingestehen müssen, dass man zu dieser ihrer Voraussetzung einen etwas starken Glauben mitzubringen habe. Es ist aber hier nicht an der Zeit, zu erörtern, wie hoch überhaupt der Werth einiger oder auch vieler mit der Erfahrung gut stimmender Rechnungsresultate

  1. Das Aberrations-Phänomen als solches darf wohl heut zu Tage, wo es bis auf die feinsten Details durchgeprüft erscheint, für fast eben so constatirt angesehen werden, wie irgend eine andere Erscheinung in der Lehre vom Lichte. Unter Voraussetzung longitudinaler Aetherschwingungen bietet die Erklärung desselben nicht die geringste Schwierigkeit dar, ja folgt mit Nothwendigkeit aus der Zusammensetzung der Aetherwellen mit der eigenen fortschreitenden Bewegung der Erde. Nicht aber lässt sich ein Gleiches bei Annahme transversaler Schwingungen behaupten. Fresnel, der Mitbegründer der neueren Undulationslehre, hat dieses bekanntlich selbst anerkannt. Aber nicht nur nicht zu erklären vermag man dieses Phänomen nach dieser Voraussetzung; sondern es scheint sogar mit der neueren Undulationslehre in einem offenbaren und directen Widerspruche zu stehen. Sollte hierin für die eigentlichen Vertreter dieser Lehre nicht eine sehr bestimmte Aufforderung liegen, die Zulänglichkeit ihres Prinzipes vor Allem an der Erklärung dieser Erscheinung zu erproben? — Bis dahin aber, wo dieses geschehen seyn wird, dürfte wohl auch unserm gegenwärtigen Erklärungsversuche die gleiche billige Beachtung und Prüfung kaum versagt werden können.
Empfohlene Zitierweise:
Christian Doppler: Über das farbige Licht der Doppelsterne und einiger anderer Gestirne des Himmels. Prag: Verlag der Königl. Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften, 1842, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Doppl_06.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)