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§ 11.

Bevor Olauf Roemer uns die Geschwindigkeit des Lichtes kennen lehrte und selbst noch viele Jahre nach ihm hielt man an der Meinung fest, dass keine Bewegung am Himmel und auf Erden mit jener des Lichtes in irgend einen Vergleich kommen könne und bei einer Gesichtswahrnehmung einen auch noch so geringen Einfluss auf dieselbe auszuüben vermögen werde. Die scharfsinnige Erklärung des Aberrations-Phänomens, diesem Wahne entgegentretend, verdankte es ganz der unwiderstehlichen Kraft der Wahrheit ihrer Lehre, wenn sie gleichwohl in nicht gar langer Zeit sich allgemeine Anerkennung erwarb. Ist aber eine Geschwindigkeit von 4.7 Meilen hinreichend, die Richtung des Lichtstrahls um 20´´ abzulenken, warum sollte nicht eine nachweisbar ungleich grössere eine Aenderung in Farbe und Intensität des Lichtes bewirken? Nichts kann einen Forscher hindern, sich und andern eine solche Frage vorzulegen und in deren Beantwortung sich zu versuchen. Ob uns die dermalen vorliegenden Beobachtungen schon in den Stand setzen werden, diese Frage zu einer definitiven Beantwortung zu bringen und dieser Theorie den Stempel einer apodiktischen Gewissheit aufzudrücken, will ich der Entscheidung der eigentlichen Sachkenner anheimstellen. So viel indessen scheint gewiss, dass, das hier durchgeführte Raissonement als richtig vorausgesetzt, hiermit einer Theorie eine Grundlage gegeben ist, von welcher die berühmte Bradley'sche Aberrations-Lehre, da sich diese nur allein auf die Richtung, jene aber auch noch überdies auf die Farbe und Intensität des Lichtstrahls bezieht, nur als ein integrirender Theil derselben anzusehen ist, und es ist fast für gewiss anzunehmen dass dieselbe in nicht ferner Zukunft den Astronomen ein willkommenes Mittel darbieten dürfte, die Bewegungen und Entfernungen selbst solcher Gestirne zu bestimmen, welche wegen ihrer unermesslichen Entfernungen von uns und der damit zusammenhängenden Kleinheit der paralaktischen Winkel bis zu gegenwärtigem Augenblicke kaum die Hoffnung zu solchen Messungen und Bestimmungen darboten. –

Empfohlene Zitierweise:
Christian Doppler: Über das farbige Licht der Doppelsterne und einiger anderer Gestirne des Himmels. Prag: Verlag der Königl. Böhm. Gesellschaft der Wissenchaften, 1842, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Doppl_25.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)