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nicht die letzte Form der Vollendung. Es ist nur vorläufig und ein Protest. Es entsteht in schlechten, ungesunden, ungerechten Zuständen. Wenn das Uebel und die Krankheit und die Ungerechtigkeit entfernt sind, hat es keine Stätte mehr. Es hat dann sein Werk getan. Es war ein gewaltiges Werk, aber es ist beinahe vorüber. Sein Gebiet wird von Tag zu Tag kleiner.

Und der Mensch wird es nicht entbehren. Denn wonach der Mensch gesucht hat, das ist wahrhaftig nicht Leiden und nicht Lust, sondern einfach Leben. Der Mensch hat danach gesucht, intensiv, völlig, vollkommen zu leben. Wenn er das tun kann, ohne gegen andere Zwang zu üben oder ihn je zu dulden, und wenn all seine Betätigungen ihm lustvoll sind, dann wird er gesünder und kraftvoller sein, mehr Kultur haben, mehr er selbst sein. Lust ist das Siegel der Natur, ihr Zeichen der Zustimmung. Wenn der Mensch glücklich ist, dann ist er in Harmonie mit sich selbst und seiner Umgebung. Der neue Individualismus, in dessen Diensten der

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/103&oldid=- (Version vom 31.7.2018)