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dass der schlechte Einfluss nicht von den Gefangenen, sondern vom Gefängnissystem selbst ausgeht. Es ist nicht ein einziger Mann im Reading-Gefängnis, der nicht gern die Strafe der drei Kinder auf sich genommen hätte. Ich sah sie zuletzt an dem Dienstag, der ihrer Verurteilung folgte. Ich ging um halb zwölf Uhr mit ungefähr zwölf andern Männern zur Freistunde, und die drei Kinder gingen an uns vorbei, in Begleitung eines Aufsehers; sie kamen von dem dumpfigen, traurigen Hof, wo sie zur Freistunde gewesen waren. Ich sah in den Augen meiner Gefährten das grösste und herzlichste Mitgefühl, als sie die Kinder erblickten. Gefangene sind, als eine zusammengehörige Menschenklasse, ausserordentlich freundlich und liebevoll zueinander. Leiden und die Gemeinsamkeit der Leiden machen die Menschen gütig, und Tag für Tag, wenn ich auf dem Hof einherging, fühlte ich mit Befriedigung und Freude, was Carlyle irgendwo „den stillen rhythmischen Reiz der menschlichen Kameradschaft“ nennt. In diesem und in allen anderen Dingen sind die

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/120&oldid=- (Version vom 31.7.2018)