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dürfte, sondern zu dem Zweck, schlechterzogene Leute zu amüsieren, und so seine Individualität unterdrücken, seine Kultur vergessen, seinen Stil austilgen und alles Wertvolle in sich vernichten müsste. Mit dem Drama steht es ein bisschen besser: das Theaterpublikum liebt allerdings das Alltägliche, aber es liebt nicht das Langweilige; und die burleske Komödie und die Posse, die beiden populärsten Formen, sind ausgesprochene Formen der Kunst. Entzückende Sachen können in Form der Burleske und der Posse geschrieben werden, und bei Arbeiten dieser Art sind dem Künstler in England grosse Freiheiten erlaubt. Erst wenn man zu den höheren Formen des Dramas kommt, ist das Resultat der Volksherrschaft zu sehen. Was dem Publikum am meisten missfällt, ist Neuheit. Jeder Versuch, das Stoffgebiet der Kunst zu erweitern, ist dem Publikum äusserst zuwider; und doch hängt Leben und Fortschritt der Kunst in hohem Masse von der fortwährenden Erweiterung des Stoffgebietes ab. Dem Publikum missfällt die Neuheit, weil es Angst davor hat. Sie

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/59&oldid=- (Version vom 31.7.2018)