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Künstler zu sein. Eine frische Gestalt der Schönheit ist ihnen durchaus zuwider, und jedesmal, wenn sie erscheint, werden sie so aufgebracht und bestürzt, dass sie immer dieselben zwei Arten sich auszudrücken haben – die eine ist, das Kunstwerk sei heillos unverständlich, und die andere, das Kunstwerk sei heillos unmoralisch. Was sie mit diesen Worten meinen, scheint mir folgendes zu sein. Wenn sie sagen, ein Werk sei heillos unverständlich, meinen sie, der Künstler habe etwas Schönes gesagt oder vollbracht, das neu ist; wenn sie ein Werk als heillos unmoralisch bezeichnen, meinen sie, der Künstler habe etwas Schönes gesagt oder vollbracht, das wahr ist. Der erste Ausdruck bezieht sich auf den Stil, der zweite auf den Gegenstand. Aber gewöhnlich gebrauchen sie die Worte ganz unbestimmt, wie ein gewöhnlicher Pöbel fertige Pflastersteine benutzt. Es gibt zum Beispiel nicht einen einzigen wirklichen Dichter oder Prosaisten in diesem Jahrhundert, dem das britische Publikum nicht feierlich das Diplom für Unmoral überreicht hat,

Empfohlene Zitierweise:
Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/62&oldid=- (Version vom 31.7.2018)