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unserm Jahrhundert nageln die Journalisten ihr eigenes Ohr ans Schlüsselloch. Das ist weit übler. Und was den Unfug verschlimmert, ist die Tatsache, dass die Journalisten, die am meisten Tadel verdienen, nicht die Spassmacher sind, die für die Klatschblätter schreiben. Am schädlichsten sind die ernsthaften und gedankenschweren Journalisten, die feierlich, wie es jetzt ihre Gepflogenheit ist, einen Vorfall aus dem Privatleben eines grossen Staatsmannes, eines Mannes, der der Träger eines politischen Gedankens und der Schöpfer einer politischen Macht ist, vor die Augen des Publikums zerren und es einladen, den Vorfall zu erörtern, in der Sache seine Autorität geltend zu machen, seine Ansicht zu äussern, und nicht bloss zu äussern, sondern sie auch in Handlung umzusetzen, dem Mann gegenüber in allen anderen Sachen, und nicht nur ihm, auch seiner Partei, seinem Lande gegenüber den Diktator zu spielen, kurz, sich lächerlich, lästig und schädlich zu machen. Aus dem Privatleben von Männern und Frauen sollte dem Publikum nichts mitgeteilt

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)